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Archiv-Artikel

Wettlauf der Kita-Retter

FDP möchte noch vor der Wahl einen interfraktionellen Nachtragshaushalt für 2004 verabschieden. SPD winkt ab, sie will das Kita-Paket ganz neu schnüren. GAL ist auch dagegen, denn das Geld müsste aus dem Bildungshaushalt kommen

von KAIJA KUTTER

Der Senat möchte die Probleme des Kita-Systems gern vor der Wahl lösen, um der Opposition den Wind aus den Segeln zu nehmen. Gehen soll dies über einen Nachtragshaushalt für 2004, der den 278-Millionen-Euro-Etat für Kitas derart auffüllt, dass auch eine fünfte Stunde für alle drei- bis sechsjährigen Kinder sowie ein Gutschein für alle berufstätigen Eltern finanziert wäre.

Dies wäre dann Kita-Nachtragshaushalt Nummer drei, nachdem die Bürgerschaft im Oktober bereits 19,5 Millionen Euro bewilligt hat und am 30. Dezember 20,2 Millionen Euro folgen sollen. Doch diese Summe reicht nur aus, um im Januar die seit Oktober gestoppten 4.000 Gutscheine an die Eltern der Prioritätsstufen eins bis vier rückwirkend zu verschicken.

Die Frage ist nun, ob ab Januar 2004 nun endlich jene berufstätigen Eltern zum Zuge kommen, die einen Erstantrag stellten und als „Priorität 5“ seit August vergeblich auf Gutscheine warten. Eigentlich war davon auszugehen, steht doch ab Jahresbeginn ein neues Budget bereit. Auch laufen schrittweise die Übergangsregelungen für Kinder aus, die nach neuen Kita-Kriterien keinen Platz haben sollen. „Wenn wir die Priorität 5 bedienen wollen, geht das nur mit mehr Geld“, erklärt dagegen Bildungsbehördensprecher Alexander Luckow. Unter allen Fraktionen gebe es deshalb Überlegungen, ob man nicht „noch vor den Wahlen parteiübergreifend zu einer guten Lösung kommt“. Schon in der nächsten Woche, so Luckow, müssten zwischen den Fraktionen Gespräche stattfinden, dann könnte man dies am 30. Dezember gleich mitbeschließen. Mit ausfinanziert werden sollte auch besagte „fünfte Stunde“, die laut Luckow, „von allen Parteien politisch gewollt ist“.

Zwar wollte Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) einem Nachtragshaushalt für 2004 nicht zustimmen, bevor im Januar die Ergebnisse der Lenkungsgruppe über die Ursachen des Kita-Lochs vorliegen. Doch laut Luckow lässt sich hier bereits eine „Tendenz“ erkennen. „Wir wollen uns mit SPD und GAL verständigen, ob man einen Nachtragshaushalt machen kann“, bestätigt FDP-Fraktionssprecher Christian Sommer. Dies sei „haushaltstechnisch möglich“, auch wenn es wegen der Neuwahlen für 2004 gar keinen ordentlichen Haushalt gibt und lediglich der Ansatz von 2003 übernommen wird.

GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch hat hier schwere Bedenken. Ein weiterer Haushaltsantrag sei zwar „möglich“, aber nur aus dem Deckungskreis der Bildungsbehörde zu finanzieren. Goetsch: „Ich fände es ungeheuerlich, wenn woanders im Bildungsbereich gekürzt wird, um die Misswirtschaft des Rechts-Senats zu vertuschen.“ Einfach nur aus populistischen Gründen das „Füllhorn“ auszugießen, ohne zu wissen, wo die Finanzlöcher herkommen, sei verantwortungslos. Die GAL selbst würde zu Gunsten von Kita und Bildung bei der senatseigenen Marketing GmbH und dem Innenetat kürzen.

Auch SPD-Kita-Experte Thomas Böwer winkt ab, weil ihm die fünfte Stunde und die Bedarfsbefriedung von berufstätigen Eltern als Korrekturen nicht reichen. Denn damit ist den 12.000 Kindern, die bislang aus sozialen und pädagogischen Gründen sowie zur Sprachförderung in Kitas sind und diese nach Auslaufen der Übergangsregelung verlassen müssen, nicht geholfen. Böwer: „Wir brauchen ein Ausbauprogramm und ein Konzept. Es muss für alle offenen Fragen eine Paketlösung her.“ Und da man den Angaben dieses Senats nicht mehr traue, besser nach als vor der Wahl.