berliner szenen Wie es kam …

… dass es ist (3)

Und dann standen wir auf einmal in diesem Zitty-Gebäude am Tempelhofer Ufer und fluteten deren schöne Redaktionszimmer. „Wo sind wir denn hier?“, fragte uns der Chefredakteur, ein eigentlich umgänglicher, in der Sache des ihm anvertrauten Stadtmagazins aber ungemein standfester Mann. Wir erklärten ihm, dass das Zitty-Gebäude jetzt besetzt sei und wir die nächste Ausgabe machen würden, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Studentische Themen ins Blatt, mitbestimmen dürfen, eigene Diskurse schaffen, Freiräume erkämpfen, und zwar jenseits der kapitalistischen Logik, die Sau rauslassen, klar machen, wie man emanzipatorisch lebt, und selbstverständlich auch, dass die Boxhamsters Studis liebste Band sind.

Der Chefredakteur aber stand nur da, ein echter Fels in unserer Brandung, und sagte: „No!“ Und wir fragten: „Warum?“ Und er sagte: „Na, weil Zitty ist das Leben. Zitty seid also auch ihr, und außerdem bringt sie immer im Herbst zu Studibeginn eine Studisonderausgabe raus.“ Dann holte er ein Blatt raus, auf dem eine Liste stand: – Studenten, die wissen, wo Pisa liegt (schnüff): 0; – Studenten, die total autoritätsfixiert sind: 100.000, mindestens; – Studenten, die schon mal was von der Pisa-Studie gehört haben (wusst ich’s doch): 3; – Studenten, die so aussehen, als hätten sie schon in den Achtzigern die Startbahn West blockiert: unzählige; – Studenten, die schon mal was von der Startbahn West gehört haben (auweia, auweia): 0; – Studenten, die glauben, dass sie in Zukunft auf viel verzichten müssen: 123.

Wir waren sprachlos: Wat ’n Mann! Und was für Argumente auf Sachzwangebene! Wir nahmen unsere Wasserpistolen, zogen ab und besetzten die Domäne. FRANCIS BERGMANN