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Archiv-Artikel

Theater gegen Trauma

Hajusom! präsentierte im Bunker Feldstraße das sehr persönliche Theaterprojekt „Kosmos Hamburg“

Hajusom! ist ein Theaterprojekt mit unbegleiteten, in Hamburg lebenden Flüchtlingen. Ein Projekt mit jungen Menschen, die aus krisengeschüttelten Gebieten geflohen sind, in denen sie Traumatisches erlebt haben. Seit Februar 1999 gibt es die Gruppe, die ihren wechselnden Mitgliedern die Möglichkeit bietet, mit den Mitteln des Theaters oder Films einen individuellen Ausdruck für das zu finden, was sich nur schwer in Sprache fassen läßt. Dem Zuschauer wird so etwas Fremdes erfahrbar: das Gefühl, sich einen Raum und Ausdruck erst neu erarbeiten zu müssen.

Herausgekommen sind sehr persönliche filmische Mitteilungen, die Wege durch die Stadt, Wege junger Menschen durch Hamburg nachzeichnen, die dies förmlich kartographieren. Im Medienbunker in der Feldstraße, dem zukünftigen Probenraum der Gruppe, gab es neben den selbst verfassten Kurzfilmen am Wochenende auch Fotoarbeiten der Jugendlichen zu sehen, die kleine Geschichten von Orten und ihren Verfassern erzählten, auch die zickige Frau in der Ausländerbehörde wurde nicht vergessen.

Für das sehr persönliche Projekt „Kosmos Hamburg – Räume – Karten – Gesetze“ wählten die OrganisatorInnen Dorothea Reinicke, Ella Huck, Margit Czenki und Claude Jansen eine offene theatrale Form: Immer wieder wurde das Geschehen im Raum durch plötzliche Tanzeinlagen unterbrochen, die unvermittelt abbrachen und die Akteure unter die Umstehenden streuten.

Deutlich wurde vor allem der Ansatz, keine Menschen und ihre Schicksale, keine Flüchtlingsidentitäten vorzuführen. Das Ausrufungszeichen hinter dem Projektnamen steht für ein Selbstbewusstsein, das den ganzen Abend spürbar ist. Witzig, fröhlich und originell die Tanzeinlagen, in denen die Gruppe zu einem kollektiven, aber viel mehr noch jeder Einzelne zu seinem eigenen Ausdruck fand. Schillernd und lebensfroh auch die Bollywood-Adaption, die die Gruppe im Sommer auf dem Park-Fiction-Gelände in St. Pauli, dessen Formen nachempfindend, gedreht hat.

Ein sympathischer Abend und ein Projekt, dem Glück zu wünschen ist. Umso schöner, dass Hajusom! im nächsten Jahr auf Kampnagel als Gastgeber fungieren wird. Und auch „Kosmos Hamburg“ bekommt im Sommer einen zweiten Teil, bei dem der Dialog mit Hamburger Jugendlichen gesucht wird.

Stefanie Maeck