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Archiv-Artikel

Der Leuchtturm

Thalia-Schauspieler Hans Löw ist gestern mit dem Boy-Gobert-Preis ausgezeichnet worden

von Carolin Ströbele

„Am Anfang hat man ja nichts außer seinen zu langen Armen“, sagt Hans Löw und verschränkt sie vor sich auf dem Tisch. Deshalb sei er immer froh, wenn ein Regisseur bei der ersten Probe alle Assistenten und Hospitanten rausschicke. „Je geschützter der Probenraum, desto besser“, sagt der 28-Jährige. „Ich bin ein ziemlicher Probenängstler.“

Schutzbedürftigkeit, Angst – wenn man den Schauspieler auf der Bühne sieht, würde man nicht darauf kommen, dass ihn manchmal solche Gefühle plagen. Denn schon mit dem ersten Schritt auf die Bühne ist der Mann präsent. Durch seine schlaksige Gestalt ist er unverkennbar und zählt doch zu den wandelbarsten Schauspielern am Thalia. Er war der Lakai Wurm in Kabale und Liebe, der unglückliche Maler Schwarz in Lulu, der fünfjährige Junge in Fritz Katers We are Camera und ist nun der genialische Alkoholiker Lövborg in Hedda Gabler.

Der Boy-Gobert-Preis ist ein weiterer Höhepunkt seiner Hamburger Karriere. Seit gut drei Jahren ist er nun im Ensemble, und viele haben schon versucht, ihm ein Image zu verpassen: der Tragikomiker, der manische Melancholiker. Löw selbst will sich nicht festlegen lassen. „Manchmal denke ich, zu sehr Chamäleon ist auch nicht gesund, aber ich möchte wirklich immer etwas Neues.“ Theater ist für Löw zurzeit ein Fulltime-Job. Denn sein Mitbewohner ist Felix Knopp, sein Kollege am Thalia, und „manchmal fragen wir uns schon, wo wir jetzt den Abstand herkriegen.“

Manchmal schüttelt Löw immer noch den Kopf darüber, dass er heute da steht, wo er steht. „Schauspieler war das Letzte, was ich mir vorstellen konnte. Lautes Sprechen war ein Albtraum für mich.“ Bei einem Schulspiel an der Waldorfschule entdeckte er dann, „dass es sich wesentlich besser anfühlt, aus dem ‚Versteck‘ des Kostüms vor den Leuten zu sprechen als vor der Klasse.“ Den Anstoß gab dann ein Gespräch mit dem Vater. Dieser, selbst Schauspieler, habe ihn gefragt, was er denn mal machen wolle. Und ob er nicht mal an einer Schauspielschule vorsprechen wolle? Wenig später wurde Löw an der Münchner Falckenberg-Schule angenommen. „Vielleicht hab ich darauf gewartet, dass mein Vater mich das fragt.“

Löw, der gebürtige Bremer, der aber in Stuttgart aufwuchs und in München an der Schauspielschule war, ist froh, wieder im Norden zu sein. „Die etwas sprödere Mentalität hier liegt mir schon mehr“, sagt er. Mit seinem Preisgeld will er aber in Richtung Süden reisen. Am liebsten nach Brasilien, wo er gerade auf Gastspiel-Tour war. „Die Menschen haben mich extrem beeindruckt. Auf der Stirn der Leute steht ‚Leben‘ und ‚Überleben‘ – da relativiert sich sehr vieles.“ Die Reise sei für ihn „eine Verbindung von Theater und Leben“ gewesen. „Wir sind den Personen begegnet, die dem Stück als Vorlage gedient haben. Das waren Abende, die sind gegen nichts einzutauschen.“