: Hunger und Durst
Was Wissenschaftsredakteure in der Küche treiben. Und warum dabei die zwei neuen Magazine „SZ Wissen“ und „ZeitWissen“ entstanden sind
VON HANNAH PILARCZYK
Die gute Laune von Christoph Drösser hält sich noch bis lang nach der Redaktionskonferenz. „Wir haben viel gelacht“, erzählt der Chefredakteur von der Planung für die zweite Ausgabe von ZeitWissen. Nun muss man nicht jedem Chef glauben, der von der fantastischen Stimmung in seinem Team erzählt. Beim neuen Magazin ZeitWissen ist es nur so, dass man dem Heft den Spaß der Redakteure anmerkt. Und wenn es nur kindlicher Spaß ist.
Was passiert, wenn man eine CD in der Mikrowelle schmort? Keine Frage, die einen des Nachts umtreibt, aber ein Foto von der verschmurgelten CD möchte man schon mal sehen. Das findet sich im hinteren Teil von ZeitWissen. Davor stehen ein paar ernstere Geschichten, darüber wie die Geburtsfolge die Persönlichkeiten von Geschwistern prägt, was vom Kalten Krieg an Bunkern und Fluchttunnels übrig blieb und warum Faltencremes Betrug sind. Leicht kommen diese Geschichten daher und bunt – das unterstreicht auch das Layout, indem es zwischen klassischen Schwarzbrottexten und Bilderstrecken, für die man um das abgenutzte Wort „opulent“ leider nicht herumkommt, hin und her springt.
„ ‚Lies das Heft, und du weißt Bescheid‘ ist nicht unser Anspruch“, sagt Chefredakteur Drösser über die Zielrichtung seines Magazins: „Uns interessiert eher der spielerische Umgang mit dem Thema Wissen und Wissenschaft.“ Drösser darf das so sagen, denn das Heft kann auf den honorigen Namen der Zeit und ihr Image als seriöse und anspruchsvolle Zeitung bauen. Und auf den guten Ruf von Drösser selbst. Den hat er sich als Redakteur im „Wissen“-Teil der Zeit und besonders als Autor der ebenso popwissenschaftlichen wie auch populären Rubrik „Stimmt’s?“, in der er Leserfragen beantwortet, erworben. Nun wird er im nächsten Jahr mit den geplanten vier Ausgaben von ZeitWissen beschäftigt sein, längerfristig – und wenn der Verkauf stimmt – soll das Magazin monatlich erscheinen.
Bei der Süddeutschen Zeitung plant man bereits sechs Ausgaben von SZ Wissen. „Die nächste wird im Februar oder März erscheinen“, sagt SZ-Geschäftsführer Klaus Lutz bei der Vorstellung der neuen Zeitschrift. Redaktionsleiter Patrick Illinger macht daraufhin ein betont zweifelndes Gesicht. Kein Wunder, als Leiter der täglichen Wissen-Seite der SZ hat Illinger bereits reichlich zu tun – und ihm steht im Gegensatz zu Drösser keine eigenständige Redaktion zur Verfügung.
Das merkt man dem Heft aber nicht an. Gehaltvoll und gewissenhaft kommt es daher. „Wir wollen Menschen ansprechen, die davor zurückschrecken, PM in die Hand zu nehmen“, umschreibt Objektleiter Andreas Tazl die Stoßrichtung von SZ Wissen. Ganz loslösen konnte man sich aber nicht vom Nerd-Appeal von „Peter Moosleitners interessantem Magazin“: viele Männer mit Brillen und in weißen Kitteln finden sich im Heft. Dazu Cholesterintabellen und ein großer Artikel über den Grippevirus. Am besten erklären lässt sich der Unterschied zwischen SZ Wissen und ZeitWissen aber an ihrem Umgang mit Küchengeräten. Während man bei ZeitWissen Unfug mit der Mikrowelle treibt (und sie danach auch noch – gesäubert! – verlost), zersägt die SZ-Wissen-Redaktion eine Espresso-Maschine fein säuberlich.
Effekthascherei für fünf Euro gegen nüchterne Analyse für vier also? Tatsächlich verbindet die Magazine mehr, als es zunächst scheint. Am Einstein-Jahr 2005 sind beide nicht vorbeigekommen, und ein Artikel über den Grippeerreger steht auch in ZeitWissen. Hohes journalistisches Niveau halten beide allemal. Nur die bessere Schluss-Pointe hat eindeutig ZeitWissen: „Wissen hält nicht länger als Fisch“, ein Zitat des britischen Philosophen Alfred North Whitehead steht auf der letzten Seite. Hoffentlich gilt das nicht für diese beiden schönen Magazine.