: Probleme mit den reichen Schwiegersöhnen
Der Bundesgerichtshof hat unterhaltspflichtige Kinder bereits in mehreren Urteilen entlastet. Heute geht es um die indirekte Haftung der Ehepartner
Freiburg taz ■ Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein Herz für unterhaltspflichtige Kinder. In mehreren Urteilen hat er seit Oktober 2002 deren Zahlungspflichten eingeschränkt, mehrere Verfahren sind noch in Karlsruhe im Gange. Heute soll ein neues Urteil verkündet werden. Darin geht es um die Frage, ob ein Schwiegersohn bei einer Unterhaltsfrage indirekt mitbelastet ist.
Schwiegersöhne sind laut Gesetz nicht zum Unterhalt der Schwiegereltern verpflichtet, sondern nur Eltern gegenüber ihren Kindern und umgekehrt. Das regelt das Bürgerliche Gesetzbuch in Paragraph 1601. Voraussetzung der Unterhaltspflicht ist, dass die erwachsenen Kinder leistungsfähig sind. Dazu wird zunächst deren bereinigtes Einkommen berechnet und davon ein „Selbstbehalt“ für den eigenen Lebensbedarf inklusive Alterssicherung abgezogen (siehe Kasten). Wenn das bereinigte Einkommen für die Erfüllung der Unterhaltspflicht nicht ausreicht, kann auch auf das Vermögen der Kinder zugegriffen werden.
Im Oktober 2002 definierte der BGH in einem Grundsatzurteil den Selbstbehalt. Er sei nach der „Lebensstellung“ des Unterhaltspflichtigen zu berechnen, wobei es auf Einkommen, Vermögen und sozialen Rang ankomme. Niemand müsse für den Elternunterhalt eine „spürbare und dauerhafte“ Senkung seines Lebensstandards hinnehmen. Ausnahmen gelten nur für die, die im Luxus leben oder sonst „unangemessenen Aufwand“ betreiben. Wie dies genau berechnet werden muss, haben die Richter bisher allerdings nicht verbindlich vorgeschrieben.
Knackpunkt in dem heute verhandelten Fall ist die Schwiegersohnproblematik. Relevant wird dessen Einkommen nur, so der Bundesgerichtshof im Oktober 2003, wenn seine Ehefrau über den Unterhalt hinaus Anspruch auf ein relativ hohes Taschengeld hat. Im damaligen Fall verdiente der Mann 5.500 Euro im Monat, was seiner Frau einen Anspruch auf 275 Euro Taschengeld zur freien Verfügung einbrachte. Von diesem (in der Regel fiktiven) Taschengeld konnte das Sozialamt dann die Hälfte herausverlangen. Der Fall ist aber eher untypisch. So reich sind die meisten Schwiegersöhne nicht.
Im heutigen Fall geht es um die Frage, ob es zu einer unzulässigen Schwiegersohnhaftung führe, wenn das mietfreie Wohnen der Tochter im gemeinsamen Ehehaus in Rechnung gestellt wird. Bezahlt wurde das Eigenheim wohl vor allem aus dem Einkommen des Mannes, es gehört jedoch beiden Eheleuten zur Hälfte.
Erst vergangene Woche hat der Bundesgerichtshof sich mit einem Fall aus Recklinghausen beschäftigt. Dort war der Kreis für die Heimkosten einer 91-Jährigen eingesprungen und nahm dafür die Tochter in Regress. Ein Urteil wird erst kommendes Jahr erwartet.
CHRISTIAN RATH