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Archiv-Artikel

Ein Kabinett von Ja-Sagern für Bush

Querdenker wie Colin Powell werden ausgemustert. Der Pentagon-Hardliner Donald Rumsfeld aber bleibt. Mit der internationalen Staatengemeinschaft möchte der US-Präsident zusammenarbeiten – aber nur zu seinen Bedingungen

AUS WASHINGTONMICHAEL STRECK

Einen Monat nach dem Wahlsieg von US-Präsident George Bush nimmt seine neue Regierung Konturen an. Die Zusammenstellung der Mannschaft gibt Hinweise, wohin die Reise in den kommenden vier Jahren gehen könnte. Bush hatte angekündigt, ein überparteiliches Kabinett zu bilden, in dem moderate Stimmen die tiefen politischen Gräben überbrücken und gegenüber dem Ausland versöhnliche Töne anschlagen können. Doch die erfolgten Neubesetzungen signalisieren keinerlei Kurswechsel. Vielen waren Bushs Lippenbekenntnisse ohnehin suspekt. Angesichts des relativ deutlichen Wählermandats erwartete kaum jemand Zugeständnisse an politische Gegner.

Die bisherigen Nominierungen lassen ein Muster erkennen: Querdenker werden konsequent ausgemustert. Stattdessen umgibt sich Bush mit loyalen und eng vertrauten Personen, die wohl selten Widerspruch anmelden werden. Das Interesse an einer gut geölten Regierungsmaschine scheint im Weißen Haus größer als an frischen Ideen oder an Kooperations- und Kompromissbereitschaft.

Beispiel Außenpolitik: Die neue Außenamtschefin Condoleezza Rice gilt als Mitarchitektin von Bushs Politik. Sie gehörte auch als Nationale Sicherheitsberaterin schon zu den Hardlinern im Kabinett und hat bislang noch jede Entscheidung ihres Chefs verteidigt. Bei seinem Besuch in Kanada vergangene Woche stellte Bush klar, dass er nichts gegen eine Zusammenarbeit mit der internationalen Staatengemeinschaft und der UNO habe – doch bitte zu seinen Konditionen. Rice, die Verfechterin amerikanischer Hegemonialpolitik, dürfte zufrieden genickt haben.

Bis zum Wochenende gab es noch die schwache Hoffnung, dass wenigstens Donald Rumsfeld, ausgewiesener Falke an der Spitze des Pentagons, seinen Hut nehmen könnte. Doch nun hat Bush ihn persönlich zum Bleiben gedrängt. Rumsfeld, einer der umstrittensten Minister, steht wie kein anderer für die katastrophalen Fehler im Irakkrieg: den unterschätzten Rebellenaufstand, die nicht gefundenen ABC-Waffen, das Missmanagement der Besatzung, die Missachtung des Völkerrechts und die Folter im Gefängnis Abu Ghraib. Mit seinem schroffen Auftreten stieß er zudem die europäischen Partner vor den Kopf. Sein Rücktritt hätte für Bush jedoch das Eingeständnis von Fehlern bedeutet. Indem er bleiben darf, erteilt ihm der Präsident die Absolution.

Ähnliches gilt für Bushs früheren Rechtsberater und neuen Justizminister Alberto Gonzales. Verschiedene juristische Gutachten und Stellungnahmen im Zusammenhang mit dem Krieg gegen den Terror, in denen er die Anwendung von Foltertechniken rechtfertigte und die Genfer Konvention für „obsolet“ erklärte, tragen seine Unterschrift. Selbst der Oberste Gerichtshof der USA widersprach seiner Rechtsauffassung, so dass die Washington Post fragte: „Was qualifiziert einen Anwalt, dessen juristische Meinung solche desaströsen Konsequenzen für die Bush-Regierung hatte, zum Justizminister?“

Bei den Entscheidungen über diese schwergewichtigen Kabinettsposten ist es nur eine Randnotiz, dass Bush Michael Johanns zum neuen Landwirtschaftsminister berief. Der ehemalige Gouverneur von Nebraska führte in seiner Amtszeit den „March for Jesus Day“ und „Back to the Bible Day“ ein. Abgesehen von diesem kleinen Geschenk an die christliche Rechte im Land, vermittelt Bush durch seine Ernennungen, dass er auch weiter von Zweifelsfreiheit gesegnet ist und sich kein Regierungsmitglied für gravierendes Versagen verantworten muss.