: Jede Botschaft hat ihre Farbe
An der Kölner Universität ist der Wahlkampf eröffnet. Bis Freitag können die 47.000 Studis ein neues Studierendenparlament wählen. Für die Wahlkämpfer der sieben Listen heißt das früh aufstehen
Von Dirk Eckert
Der Tag beginnt um 6 Uhr. „Das geht jetzt so weiter bis Freitag“, erzählt Johannes Eisenbarth. Er ist einer der Wahlkämpfer, die diese Woche an der Uni Köln um die Stimmen der rund 47.000 Studierenden werben. Da gilt es zu plakatieren, Flugblätter zu verteilen und Infostände aufzustellen, um die Wählerinnen und Wähler auf die eigene Hochschulgruppe – in Eisenbarths Fall sind das die Jusos – aufmerksam zu machen. Als Belohnung für die Mühen winken Sitze im Studierendenparlament.
Viel Zeit zum Studieren bleibt ihm in der Wahlwoche freilich nicht. Das geht nicht nur Eisenbarth und den Jusos so. Ob Unabhängige, Alternative Liste (AL) oder RCDS – viele der sieben Hochschulgruppen, die dieses Jahr zur Wahl antreten, sind am Montag Morgen pünktlich angerückt, um den besten Platz zu ergattern. Bis Freitag kann in allen größeren Uni-Gebäuden gewählt werden, abends wird in der Mensa ausgezählt, wie immer öffentlich. Neben dem Studiparlament werden auch die Fakultätsvertretungen neu gewählt.
Die Wahlkämpfer haben bereits in den ersten Stunden ganze Arbeit geleistet. Überall sind ihre farbigen Plakate zu finden. Ein kurzer Spaziergang durch die Uni zeigt schnell, welche Hochschulgruppe wo besonders stark ist. Im Foyer der WiSo-Fakultät etwa ist die Decke voller grüner „Unabs“-Luftballons. Ein Bild mit Symbolwert: Die Unabhängigen, fest verankert in der WiSo-Fachschaftsarbeit, haben hier die Lufthoheit. „Wir haben keine homogene politische Meinung“, charakterisiert Nicolas Spengler seine Gruppe. „Nicht links, nicht rechts, sondern geradeaus“, heißt das auf einem Wahlplakat der „Unabs“, ein auch dieses Jahr viel plakatierter Klassiker der Gruppe. Die Botschaft ist klar: Hier ist die politische Mitte zu Haus‘. Und sie wird verstanden. Die „Unabs“ haben an der konservativen Uni Köln den CDU-Ableger RCDS weit abgehängt.
Der wiederum hat seine Basis bei den Juristen im Hauptgebäude und dort den größten Infotisch. Die Farbe ist orange, denn: „Studenten-Service ist orange“, plakatieren die Christdemokraten. „Studentenservice statt Weltrevolution“ heißt es auf den Flyern. Eine kleine Spitze gegen die politische Linke an der Uni und das, was der RCDS verächtlich „Allgemeinpolitik“ nennt, von der der AStA doch bitteschön die Finger lassen soll. Was besser werden könnte an der Uni? „Sponsoren statt Studiengebühren“, sagt RCDS-Mitglied Verena Thanisch. Hörsäle könnte man doch von Sponsoren renovieren lassen, schlägt sie vor.
Im Philosophikum tummeln sich dagegen die linken Gruppen: Alternative Liste und Jusos. Farben: Schwarz und rot. Die Jusos haben vor kurzem die Koalition mit Unabhängigen und LUST verlassen, jetzt hoffen sie auf einen AStA, „in dem wir linke Politik durchsetzen können“, wie Eisenbarth sagt. Mit „links, aktiv, kritisch, solidarisch“ beschreibt die AL in diesem Jahr ihr Profil. AL-Mitglied Markus Struben nennt zwei Bedingungen für eine Koalition. Der AStA dürfe keine „bornierte ständische Interessenpolitik“ machen und müsse die Autonomie der Fachschaften wieder anerkennen.
An der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät ist die LUST beheimatet. Gelb ist hier die Farbe, mit Sprüchen wie „Rettet die Wahlen“ wirbt die vor allem bei der Fachschaft Chemie verankerte Liste um Stimmen. Andere Hochschulgruppen lassen dieses Wählerpotenzial bislang ungenutzt. Ganz anders an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät: Hier sind AL, Jusos und Unabhängige mit Ständen präsent, die langjährige AL-Domäne ist also zum heiß umkämpften Terrain geworden.
Noch nicht gesichtet an der Uni wurden die Grünen, die sich neu gegründet haben. Beobachter vermuten, dass sie allein wegen des Namens auf 2 bis 4 Sitze (von 51) kommen könnte. Die Liberale Hochschulgruppe (LHG) fällt dadurch aus der Reihe, dass sie aggressiv Bildungsgutscheine befürwortet, also eine Studiengebühren-Variante. Ihren Stand hat sie im Hauptgebäude aufgestellt.
Bleibt die Frage: Wird die Wahlbeteiligung dieses Jahr besser? Letztes Jahr lag sie bei knapp 15 Prozent. Nicolas Spengler von den Unabhängigen erinnert sich wehmütig daran, was der Umtausch der alten Kopierkarten vor kurzem für einen Ansturm ausgelöst hat. „Man merkt halt, für was man Studierende mobilisieren kann und für was nicht“, sagt er etwas desillusioniert.