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Archiv-Artikel

Bank im Winterschlussverkauf

Die Zerlegung der Bankgesellschaft Berlin auf Geheiß der Brüsseler EU-Kommission ruft in Berlin unterschiedliche Reaktionen hervor. Finanzsenator freut sich, Bankenkritiker sind enttäuscht

von RICHARD ROTHER

Die Ankündigung der EU-Kommission, die Milliardenhilfen für die Bankgesellschaft nur unter harten Auflagen zu genehmigen, ist in Berlin auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während Senatsvertreter von einer „klaren Perspektive“ für das mehrheitlich landeseigene Kreditinstitut sprachen, reagierten Gewerkschafter mit „Enttäuschung“.

Die Auflegen sehen vor, dass die Berliner Bank, ein wichtiges Tochterunternehmen, bis Oktober 2006 veräußert werden muss. Bis Ende 2007 soll Berlin zudem die Berlin Hyp verkaufen, und zwar entweder einzeln oder im Rahmen eines Gesamtverkaufs der Bankgesellschaft.

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) zeigte sich erleichtert, dass die „schwierigen Verhandlungen nach acht Monaten erfolgreich abgeschlossen werden konnten“. Jetzt habe die Bankgesellschaft eine klare Zukunftsperspektive und könne den Sanierungskurs fortsetzen. „Die Auflagen – besonders die Herauslösung der Berliner Bank – sind strikt, aber auf der vorgegebenen Zeitachse machbar.“

Der Ver.di-Bankenexperte Hartmut Friedrich nahm die Nachricht hingegen „mit größter Enttäuschung“ auf. Übrig bleibe kein Finanzkonzern, sondern eine vergrößerte Sparkasse. Die Herauslösung der Berliner Bank mit 1.300 Beschäftigten sei ein schwerer Rückschlag für den bisher erfolgreichen Sanierungskurs. Die Opfer, die die Belegschaft zur Sanierung des Bankkonzerns in Form von Gehaltseinbußen und Arbeitsplatzabbau auf sich genommen hatte, seien umsonst erbracht worden.

Der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser gab dem rot-roten Senat eine Mitschuld an den harten EU-Auflagen. Senat und Bankenvorstand hätten sich die Entscheidung selbst eingebrockt. „Schließlich sind sie der Forderung aus Brüssel, endlich die Bank zu entflechten, nicht nachgekommen.“ Mit der Berliner Bank werde ausgerechnet einer der ertragträchtigsten Teile veräußert.

Auch die „Initiative Berliner Bankenskandal“ kritisierte die Entscheidung. „Damit wurde die Risiko-Abschirmung auf höchster Ebene zu Lasten der Bürger der Stadt abgesegnet“, so Birger Scholz von der Initiative. Das von der Initiative gestartete Volksbegehren zur Rücknahme der Risiko-Absicherung werde nun neuen Auftrieb erhalten. Scholz: „Wir sind nun die Einzigen, die das noch verhindern können.“