CDU wählt Demirbüken : Und sie bewegt sich doch
Gut, sie hat nur das drittschlechteste Ergebnis aller gewählten Beisitzer bekommen. Trotz Unterstützung durch Angela Merkel und der beiden größten Landesverbände. So weit, so schlecht. Aber dass Emine Demirbüken-Wegner als erste Türkischstämmige überhaupt in den Bundesvorstand der CDU kommen würde – wer hätte das vor zwei Monaten vorhergesagt?
KOMMENTARVON STEFAN ALBERTI
Damals diskutierte die Union, ausgelöst von CSU-Mann Michael Glos, ob sie nicht Unterschriften gegen einen EU-Beitritt der Türkei sammeln sollte. Demirbüken-Wegner gehörte zu den lautesten Kritikern. „Gift für die Integration der hier lebenden Türken“ nannte sie den Vorschlag. Diese Frau vor acht Wochen im CDU-Bundesvorstand – unvorstellbar!
Wenn eine Partei willens ist, sich so eine kritische Stimme bei einem derzeit zentralen Thema in ihre Spitze zu holen, so hat das zumindest Respekt verdient. Denn Demirbüken musste ja nicht nur – schwer genug – Großstadt-CDUler wie in Berlin hinter sich bringen, die sie fast einstimmig nominierten, die sie auch schon vor zwei Jahren in den Landesvorstand wählten. Sondern auch Parteifreunde aus Regionen überzeugen, in denen Türken nicht das Straßenbild prägen. Offenbar ist bei der CDU auch in verkrustetere Denkstrukturen etwas Bewegung gekommen.
Wobei sich erst zeigen muss, ob die Partei hier nicht eine äußerst geschickte Doppelstrategie fährt, indem sie Nein zum EU-Beitritt und Ja zu Demirbüken-Wegner sagt. Ob ein türkischstämmiges Vorstandsmitglied hier nicht nur als dekoratives Feigenblatt einer wenig migrantenfreundlichen Politik dient?
Es sollte auch keiner glauben, wegen der Pro-Beitritts-Haltung sitze da nun eine Alternative in der CDU-Führung. Demirbüken ist von Lebensweise und Werteverständnis in der Union voll und ganz zu Hause. Dennoch: Es kann sich in einer Parteispitze mit immer weniger kritischen Köpfen nur positiv auswirken, wenn eine dazukommt, die gerne Klartext spricht.