im hundesalon chez christiansen von WIGLAF DROSTE
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Alles, was der Mensch nicht braucht, findet er bei Sabine Christiansen. In der Sonntagabendsendung besprechen Deutsche mit Führungsambitionen die jeweils neusten Dumm- und Gemeinheiten, die sie ihren Zuschauern angedeihen lassen wollen, auf dass es noch ein Ideechen ekelhafter zugehe im Land der chronisch Selbstmitleidigen, Mauligen und Unentspannten.

Die Neuigkeiten, die bei Christiansen durchgesprochen werden, riechen meist schon ein bisschen; Christiansen ist eine Wiederaufbereitungsanlage für abgelegte Bild-Schlagzeilen. Die Gastgeberin, von Anbeginn ihrer Laufbahn darin geübt, einen nicht vorhandenen Verstand zu simulieren, spricht analog ihrer Sendung eine Bedeutung zu, die sie nicht hat; diese Praxis wird abgenickt von allen, deren einziges Qualitätskriterium die Zuschauerquote ist. Christiansen ist ein Mitmischermedium, in dem Journalismus und Politik sich wechselseitig aneinander prostituieren. Die gastgebende Kopfschieflegerin beträgt sich dabei, als sei sie nicht Puffmutter, sondern Klassensprecherin. „Wir müssen …“, sagt sie, und „Brauchen wir nicht …?“, und die versammelte Runde wichtiger Menschen ruckelt schwerblütig mit den Runkelrüben.

Der Flüssigzement, der bei Christiansen ausgeschenkt wird, hat naturgemäß auch in Sabine Christiansen selbst Wirkung gezeigt. Er trocknete, platzte ab und bekam Risse. Als der Inhalt ihres Kopfes offen zu Tage trat, fand sich Sabine Christiansen oll und hässlich und beschloss, sich renovieren zu lassen. Verblüffend daran war, dass sie am Kopf innen alles so lassen wollte – auf den Gedanken, dass es die Stumpfheit geistiger Waffen ist, die unattraktiv macht, konnte Sabine Christiansen einfach nicht kommen. Ihr blieb nur der Trugschluss, eine Generalüberholung beim Operateur bringe sie in der Welt des Glotzens und Gaffens wieder nach vorne. Wo aber allein eine Hirntransplantation hülfe, kommt man mit kosmetischer Chirurgie nicht weiter.

Im Gegenteil: Sabine Christiansen sieht nun aus wie die Mutantin, die sie immer war. Den Faltenwurf ihrer Haut, der ihrem Antlitz zumindest den Anstrich des Humanoiden hätte geben können, hat sie entfernen lassen. Schnippeln, Straffen und Absaugen, dachte sie nach Art der Fernsehmenschen, sei doch auch nichts anderes als Waschen, Schneiden und Legen. So wurde Sabine Christiansen mit sich selbst vollkommen identisch; äußerlich und innerlich entspricht sie ganz ihrem TV-Format. Im Fernsehen ist das menschliche Gesicht kein Gesicht, sondern etwas, das von der Kamera aufgesogen und dann vom Fernsehapparat in menschliche Behausungen hineingespuckt wird. Das ist brutal, und diese Brutalität hat Sabine Christiansen, wie Millionen andere, gegen sich selbst gerichtet.

Das Samenspenderorgan Bild, mit dem Sabine Christiansen ihre Existenz unentwirrbar verknüpft hat, vermeldet, dass Christiansen und ihr Friseur Udo Walz gemeinsam einen Hundesalon eröffnen – man muss sich schließlich auch mal ganz privat entspannen. Sabine Christiansen wird schon bald ihre beste Kundin sein. Die im Salon erzielten Ergebnisse werden sonntags abends um 21.45 Uhr in der ARD ausgestrahlt, bei Christiansen.