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Archiv-Artikel

„Viele Frauen fordern gar nichts“

Bisher können Firmen ihre weiblichen Arbeitskräfte schlechter als Männer bezahlen, weil die Frauen nicht über das Gehalt verhandeln, sagt Personalberaterin Langen

taz: Eine Frau bewirbt sich um einen Führungsposten. Wie muss sie verhandeln, damit ihre Firma sie angemessen bezahlt?

Christina Langen: Ganz wichtig ist, dass sie überhaupt verhandelt. Das Problem ist ja: Viele Frauen fordern gar nichts. Sie nehmen an, was der Chef ihnen bietet. Allzu viele sind noch alten Mustern verhaftet, nach denen eine Frau bescheiden und defensiv aufzutreten hat. Die Frauen erzählen erst mal, was sie alles nicht können. Viele finden es unangenehm, überhaupt über Geld zu sprechen. Oder sie fragen zögerlich nach mehr Geld – und nicken dankbar, wenn der Chef ihnen einen Miniaufschlag gewährt.

Nehmen wir an, ich bin Berufsanfängerin und kenne meine Branche noch kaum. Wie weiß ich, ob der ausgehandelte Lohn angemessen ist?

Am Markt sind Studien verfügbar, die zeigen, welcher Lohn für welche Posten gezahlt wird. So habe ich einen Daumenwert, mit dem ich in die Verhandlungen starte. Er hilft mir, selbstbewusst aufzutreten.

Eine Frau hat den Verdacht, dass ihr Kollege mehr verdient als sie. Was kann sie tun?

Zunächst sollte sie sich eine Liste anfertigen: Was habe ich in den vergangenen Monaten alles für meine Firma geleistet? Damit geht sie dann zum Chef und verhandelt. So ganz genau weiß man ja in der Regel nicht, was die Kollegen verdienen. Oft wird der Chef abstreiten, die Frau schlechter zu bezahlen. Dann kann sie vorschlagen, eine anonymisierte Liste der Gehälter gleichwertiger Positionen aufzustellen, die in der Firma gezahlt werden.

Nicht jedem Chef dürfte es recht sein, per Liste entlarvt zu werden. Was macht die Frau, wenn er den Vorschlag ablehnt?

Dann könnte sie immer noch versuchen, eine stärker leistungsorientierte Bezahlung durchzusetzen. Gemeinsam mit dem Vorgesetzten vereinbart sie, was sie in der nächsten Zeit alles für den Betrieb leisten will. Dafür fordert sie dann einen höheren Lohn. Das hat den Vorteil, dass sie nicht als wehleidig dasteht. Sie will nicht mehr Geld, weil sie für Frauenrechte eintritt. Sondern weil sie so fähig und engagiert ist, dass davon auch der Betrieb profitiert.

Nehmen wir an, der Chef bleibt stur. Soll die Frau sich ihrem Schicksal fügen?

Im Notfall sollte sie erwägen, sich eine neuen Stelle zu suchen. Sie sollte dort arbeiten, wo man sie wertschätzt. Wichtig für die Motivation ist ja nicht so sehr, ob sie objektiv gesehen viel verdient. Sie fühlt sich aber eher wohl in einem Betrieb, wenn sie finanziell nicht schlechter dasteht als ihre Kollegen. Ein unfairer Lohn verdirbt den Spaß am Job.

INTERVIEW: COSIMA SCHMITT