: Von Lebermousse und Entenmagen
Das Jahresendmenü des taz.mags kommt in diesem Jahr aus der Versuchsküche unserer LeserInnen. Et voilà: Das Beste aus 53 Einsendungen, unser Vier-Gänge-Mahl!
von MANFRED KRIENER
Alle Jahre wieder kniet die Redaktion unterm Adventskranz und betet um Erleuchtung in Sachen taz-Menü. In diesem Jahr war alles ganz anders: Wir packten einfach unsere LeserInnen an der Kochschürze. Angefeuert von vier als Siegerpreis ausgelobten gefüllten taz-Rucksäcken, sollten Sie uns Ihre raffiniertesten und schönsten Gerichte für das viergängige taz.mag-Jahresendmenü servieren. Also, ihr Lieben: Ihr wart wunderbar. 53 Vorschläge wurden eingesandt, aus denen wir die Sieger ermittelt haben.
Nur mal so zum Mundwässern: Angerichtet wurden Carpaccio von Topinambur mit Pilzvinaigrette, Gemüsesalat mit Früchten und Entenmägen, Lebermousse mit Stachelbeerchutney und Preiselbeeren, Leberravioli in Brühe, Kokossüppchen mit Paprika oder Graved Lachs „mit Gemüsesülze und misslungener Mayonnaise“, die nämlich wird nicht richtig „dick“, was unser Leser Josef Jeschke aus Halle allerdings durchaus beabsichtigt.
Die Krise des Hauptgangs, allenthalben in der Gastronomie zu beobachten, offenbarte sich auch in unserem Wettbewerb. Manche Einsender konzentrierten sich ganz auf Vorspeisen oder Desserts, andere wollten uns mit Tofu abspeisen. Kein einziges Rezept beschäftigte sich mit der Deutschen liebstem Jahresendvogel, der Gans. Aber auch Schwein, Lamm, Perlhuhn, Kapaun, Taube oder Zicklein wurden verschont. Wild, Ente und – zwei Jahre nach der BSE-Stampede – vor allem Rind (!) waren die klaren Favoriten.
Insgesamt beteiligten sich deutlich mehr Männer als Frauen, was den gesellschaftlichen Trend bestätigt. Bei großen Gelagen und Festmenüs übernimmt Er gerne die Poleposition unter der Dunstabzugshaube, um Vulkanausbrüche auf den Teller zu zaubern (so sieht dann auch die Küche aus), während Sie eher für die Alltags- und Regelversorgung zuständig ist. Oder sind das nur genderöse Vorurteile?
Sehr schön die Fischrezepte. Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Zanderschnitte mit Granatapfelsauce und den siegreichen Schellfischnocken mit Kressetunke wurde erst auf der Zielgeraden entschieden. Weitere Highlights: Pulpo Gallego mit Melonencouscous, Zander mit Quittengelee und Pinienkernen, Gegrilltes Tunfischfilet mit tomatisierten Grünkohlbällchen oder kurz und heftig „Aal einfach so“. Zwei Leserinnen wollten die Fischlein lieber am Leben lassen, berichteten von eindrucksvollen Taucherlebnissen oder warfen einen Blick auf die düsteren Überfischungstabellen maritimer Forschungsinstitute. Sie entschieden sich für „Meeresgemüse“: Algen!
Die taz-Köche formulierten teilweise klare Kriterien, nach denen sie ihre Rezepte komponiert hatten. Das Essen sollte nicht nur appetitlich, bekömmlich und gesund sein, auch auf „wirtschaftliche Nachhaltigkeit“ wurde Wert gelegt. Außerdem sollte das Menü „die Sinne für das Fremde“ öffnen. Zwei Einsender schickten koschere Rezepturen mit strikter Trennung von Milch und Fleisch. Ein Leser wollte neben orthodoxen Juden auch Muslime und Vegetarier zu Tisch bitten, um niemanden auszuschließen. In Sachen Dessert gefiel uns die Kochanweisung zu einem Abendspaziergang. Man nehme: 1 Windjacke, 1 Schirm und 2 gute Schuhe. Den Teufelsbraten gut ummanteln und 45 Minuten bei mittlerer Kälte draußen gut durchfrieren lassen. Anschließend pellen und mit einen Glas heißem Grog füllen.
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