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Archiv-Artikel

Bam, alte Stadt an der Seidenstraße

Die von einem Erdbeben zerstörte Stadt liegt in einer der ärmsten Provinzen des Iran. Ihr Wahrzeichen, die älteste erhaltene Zitadelle aus Lehmziegeln auf der Welt, fiel der Katastrophe zum Opfer. Sie stand auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes

VON BEATE SEEL

Die südostiranische Stadt Bam, die gestern von einem schweren Erdbeben getroffen wurde, liegt in einer der ärmsten Regionen des Landes. Die Provinz Kerman ist zwar die drittgrößte des Iran, aber hier leben nur etwa 1,9 Millionen der über 70 Millionen Einwohner des Iran. Dies ist vor allem den geografischen Bedingungen geschuldet: Im Norden und Osten erstreckt sich die Wüste Lut, und im Westen liegt ein Bergmassiv, dessen Spitzen bis zu 4.000 Meter hoch sind. Dank eines traditionellen Bewässerungssystems gedeihen in den Tälern aber Hennapflanzen, Orangen sowie Datteln und Pistazien, die als die besten des Landes gelten. Sie wurden auf dem Basar der rund 100.000 Einwohner zählenden Stadt angeboten.

Der Parlamentsabgeordnete Hassan Choschru, der die Provinz Kermen vertritt, sagte gestern, die Zerstörung der Stadt übersteige jede Vorstellungskraft. Eine erste Lagebeurteilung aus der Luft habe ergeben, dass mehr als 60 Prozent der Häuser eingestürzt seien. Das iranische Fernsehen zeigte Bilder von zahlreichen stark beschädigten ein- oder zweistöckigen Gebäuden entlang der Straßen. Die Häuser der Altstadt von Bam sind aus traditionellen Lehmziegeln gebaut, sodass viele Menschen, die im Schlaf von dem Beben überrascht wurden, unter den Trümmern verschüttet wurden.

„So, wie die Stadt gebaut ist, befürchten wir das Schlimmste“, sagte ein Helfer. Da auch das Telefonsystem zusammengebrochen ist, fuhren viele Menschen aus der Umgebung in die Stadt, um nach ihren Angehörigen zu sehen.

Der Gouverneur von Kerman, Mohammed-Ali Karimi sagte, die historische Altstadt sei nahezu völlig zerstört. Zu den eingestürzten Gebäuden gehöre auch die Zitadelle, deren älteste Teile rund 2.000 Jahre alt sind.

Der mit der Zitadelle verbundene Tourismus war eine wichtige Einnahmequelle von Bams. Die Stadt war Pflichtprogramm bei Iranreisen zahlreicher Veranstalter. Grund dafür war die alte, verlassene Oasenstadt Arg-e Bam mit der berühmten, auf einem Felsen errichteten Zitadelle mit ihren 28 Wachtürmen. Sie war vor dem Erdbeben das älteste weltweit noch erhaltene Bauwerk aus Lehmziegeln und wurde von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt.

Arg bedeutet ein Ort, an dem ein König residiert. Neben dem Gouverneurspalast, dem 65 Meter hohen Aussichtsturm und dem Gefängnis gab es in Arg-e Bam auch ein Viertel, dass der Armee vorbehalten war, Ställe und ein Wohngebiet mit Tempel beziehungsweise Moscheen, Schulen und ein Sportplatz, wo traditionelle Ringkämpfe ausgetragen wurden. Der Ort umfasst etwa sechs Quadratkilometer.

Arg-e Bam wurde ursprünglich während der Zeit der Sassaniden (224 bis 637) gegründet. Die meisten der bis zu dem Erdbeben erhaltenen Gebäude stammen jedoch aus der Periode der Safawiden (1502 bis 1722). Die Stadt, an einem südlichen Zweig der Seidenstraße gelegen, war ehemals ein wichtiges Handelszentrum. Trotz ihrer hohen, mit Zinnen bekrönten Mauern wurde sie mehrmals erobert, unter anderem 1722 von den Afghanen. Seither verlor die Stadt an Bedeutung.

Arg-e Bam wurde im vorvergangenen Jahrhundert von der Bevölkerung verlassen, bis 1932 gab es dort jedoch einen Militärstützpunkt. Zuletzt war Arg-e Bam ein beliebtes Ausflugsziel auch für Iraner und diente als Kulisse für zahlreiche Filme.