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Archiv-Artikel

BSE ab sofort auch „made in USA“

Laboruntersuchungen bestätigten ersten Fall von Rinderwahnsinn in Nordamerika. US-Rindfleisch-Export um zwei Drittel eingebrochen

AUS WASHINGTON MICHAEL STRECK

Der erste BSE-Fall in Amerika bescherte der immun geglaubten US-Fleischindustrie zum Weihnachtsfest einen herben Imageschaden und Umsatzverlust. Während Gesundheits- und Lebensmittelbehörden prüfen, ob es in den USA weitere Fälle von Rinderwahnsinn gibt, die beim Menschen eine Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit auslösen kann, ist der Auslandsmarkt für US-Rindfleisch um zwei Drittel eingebrochen. Nachdem das US-Landwirtschaftsministerium mitgeteilt hatte, eine vier Jahre alte Holsteiner-Kuh sei im Bundesstaat Washington positiv auf BSE getestet worden – eine erste Laboruntersuchung aus Großbritannien den Verdacht bestätigte –, stoppten die Hauptabnehmer Japan, Mexiko, Südkorea, Südafrika und Russland alle Rindfleischimporte. Kanada, viertgrößtes Einfuhrland, drosselte die Importe bestimmter Rindfleischsorten.

Innerhalb weniger Stunden brachen zwei Drittel des Exportmarktes zusammen. Für die EU gilt aufgrund der Behandlung von Rindern in den USA mit Wachstumshormonen ohnehin ein Importverbot für einen Großteil des US-Rindfleischs. Der amerikanischen Rindfleischindustrie drohen nach fetten Jahren nunmehr Verluste in Milliardenhöhe. In den USA waren die Preise für Rindfleisch in den letzten zwei Jahren bis zu 30 Prozent gestiegen.

Analysten schätzen, der Vorfall könnte einen Preisrutsch für Schlachtvieh zwischen 12 und 16 Prozent auslösen. Dies könnte sich zu einem Verlust von rund zwei Milliarden Dollar im kommenden Jahr summieren. Für das laufende Jahr wird der Umsatz von Rindfleisch auf rund 37 Milliarden Dollar geschätzt. Wie sich der erste BSE-Fall auf den Absatz in Supermärkten und Fastfoodketten auswirken wird, bleibt abzuwarten, da viele Geschäfte über die Feiertage nur eingeschränkt geöffnet hatten.

Die Aktien von „McDonald’s“ und „Wendy’s“ gaben am Mittwoch um vier Prozent nach. „Burger King“ ließ verlauten, man verwende bei der Herstellung von Hamburgern nur reines Muskelfleisch, das BSE nicht weiterverbreite. Marktexperten gehen davon aus, dass die Auswirkung auf Absatz und Käuferverhalten kurzfristig sein werde, solange es bei einem Einzelfall bleiben sollte.

Der US-Verbraucher neigt zudem generell zu weitaus weniger Panik – siehe gentechnisch veränderte Nahrungsmittel – als europäische oder asiatische Konsumenten. Dennoch bemühte sich US-Agrarministerin Ann Veneman über Weihnachten, die Bevölkerung zu beruhigen. Demonstrativ kündigte sie an, ihren Festtagsschmaus mit Rindfleisch „made in USA“ zu servieren. Da nach bisherigen Informationen kein Risikomaterial des BSE-erkrankten Tieres – Hirn oder Rückenmark – in die menschliche Nahrungskette gelangt ist, halten Experten minimale Folgen für möglich.

„Die Statistiken sind ziemlich beruhigend“, erklärte der BSE-Fachmann Fred Cohen von der University of California in San Francisco. Die Untersuchungen konzentrieren sich derweilen auf Zeitpunkt und Ursache der Infektion des BSE-Rinds. Die Fahnder der US-Gesundheitsbehörde FDA wollen vor allem herausfinden, ob sich weitere Tiere in den USA mit der tödlichen Krankheit angesteckt haben. Ihre Arbeit wird jedoch dadurch erschwert, dass es in den USA kein Zentralregister für die Herkunft von Rindern gibt, berichtet die New York Times. Nach Auskunft der FDA sei die kranke Kuh wahrscheinlich in der Geburtsherde mit infiziertem tierischem Abfall gefüttert worden. Daher werde geprüft, ob die geltenden Regelungen über die Tierfütterung verschärft werden müssen.