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Archiv-Artikel

Nordrhein-Westfalens Junkies leben länger

Weniger Drogentote: Während Gesundheitsministerin Fischer helfen will, setzt Innenminister Behrens auf Härte

DÜSSELDORF taz ■ Die SPD-geführte Landesregierung hat eine positive Bilanz ihrer Drogenpolitik gezogen. 2003 sei die Zahl der Drogentoten zum zweiten Mal in Folge gesunken – die Polizei registrierte in diesem Jahr bisher 356 Opfer. Im vergangenen Jahr starben 385 Menschen an Drogenmissbrauch. 2001 waren knapp 500 Abhängige an einer Überdosis Heroin, oft aber auch an einem Drogencocktail oder Verunreinigungen gestorben.

SPD-Innenminister Fritz Behrens wertete den Rückgang als Erfolg seiner Politik der harten Hand: „Die konsequente Strafverfolgung von Drogenhandel und Drogenbeschaffung zeigt Wirkung.“ Gesundheitsministerin Birgit Fischer (ebenfalls SPD) verwies dagegen auf Maßnahmen der Prävention und Hilfe, etwa der bis vor kurzem umstrittenen landesweit neun Drogenkonsumräume: „Die Mitarbeiter der Konsumräume retten fast täglich Leben.“ In diesem Jahr sei bei 326 lebensbedrohlichen Situationen medizinische Hilfe geleistet worden. 3.600 Drogenabhängige wurden in Beratung und Behandlung vermittelt.

Dennoch schwenkt das NRW-Kabinett verstärkt auf Behrens‘ repressive Linie ein. Beinahe täglich meldet die Polizei Razzien gegen Drogenschmuggler. Immer erfolgreich sind die nicht: So jagten am 10. Dezember über 100 Polizisten die Drogenszene im beschaulichen Paderborn. Außer einigen Rationen für den Eigenbedarf fand sich – nichts.

Außerdem setzt Behrens auf verstärkte Kontrollen im Autoverkehr. Bis Jahresende sollen alle Streifenwagen mit einem „Drugwipe“ genannten Drogenschnelltest ausgerüstet sein, der etwa Marihuana bis zu zwölf Tage nach dem Rauchen nachweisen kann – verlässliche Grenzwerte wie beim Alkohol aber fehlen.

Erfolglos blieb dagegen ein Vorstoß von SPD-Bundesinnenminister Otto Schily: Die Niederlande halten an ihrem Konzept der offenen Coffeeeshops fest. Behrens‘ Antwort: Verstärkte Kontrollen an der offenen Grenze. ANDREAS WYPUTTA