: Intelligente Gardinen ohne Zeugnis
Firma ADO behauptet, Textilien entwickelt zu haben, die Schadstoffe abbauen. Nachweise will sie nicht liefern
BERLIN taz ■ Modern-puristisch, englisch-traditionell oder klassisch-elegant – die Produktpalette des Gardinenherstellers ADO-international rühmt sich ausschweifender Breite. Diese hat die Firma zur größten Gardinenfabrik der Welt gemacht: Rund 1.300 Mitarbeiter erwirtschaften knapp 120 Millionen Euro Jahresumsatz. Jetzt ist dem traditionellen Familienunternehmen aus dem emsländischen Aschendorf eine spektakuläre Weiterung gelungen. Originalton: „Nach zwei Jahren intensiver Forschung präsentiert ADO unter dem Markennamen ADO ActiBreeze(R) eine völlig neue Generation intelligenter Wohntextilien: Gardinen und Dekorationsstoffe mit raumluftverbessernder Wirkung“.
ADO Acti-Breeze, so wird versprochen, soll dauerhaft Schluss machen mit lästigen Gerüchen und Ausdünstungen aus Holz und Bodenbelägen. ADO BioProtect tötet angeblich sogar Mikroben ab. Aus der Werbeschrift: „Das Geheimnis der Schutzwirkung von ADO BioProtect(R) liegt in Silberionen, die gezielt den Stoffwechsel der Bakterien angreifen und ihn zerstören. Die patentierte ADO BioProtect(R)-Technologie entfaltet ihre Schutzwirkung dauerhaft.“
Toll, möchte man meinen, schließlich sind Holzschutzmittelskandale der 1970er- und 80er-Jahren noch in Erinnerung. Und dann immer dieser Zigarettenqualm. Tatsächlich eine Neuerung, die die Welt braucht. Nachfragen zu Wirkprinzipien oder Wirksamkeitsnachweisen mag die Firma (Werbespruch „Die Markengardine mit der Goldkante“) allerdings nicht beantworten. Unternehmenssprecherin Viola Lippmann wollte bislang keine Stellung nehmen.
Dies erscheint nachvollziehbar, denn Zweifel sind berechtigt: Dr. Heinz-Jörn Moriske, im Umweltbundesamt zuständig für Innenraumhygiene, hegt eine grundlegende Skepsis gegenüber derartigen, immer wieder geäußerten Versprechungen. So weiß er zu berichten, dass Produktauslobungen zum Schadstoffabbau in Innenraum in der Regel den Nachweis schuldig blieben. Auch im Fall ADO können Moriske die spärlichen Informationen nicht ohne weiteres überzeugen. Dass die Firma die angeblich vorliegenden Nachweise nicht offen legen will, verstärkt das Misstrauen.
Bleibt zu prüfen, ob ADO damit Verbrauchertäuschung begeht; eine Frage, die nun den Bundesverband der Verbraucherzentralen interessiert. „Wenn eine Firma ihre Produkte unlauter bewirbt, werden wir dagegen rechtlich vorgehen“, sagt Carel Mohn, Sprecher des Bundesverbandes. Das Problem sei allerdings, dass es täglich tausende irreführende Werbeaussagen gebe. Mohn: „Jede zu prüfen – das schaffen wir gar nicht.“
JOHANN MÜLLER, RENI