Gelasert und gefärbt

PAINTBALL Die große Koalition will das Waffengesetz verschärfen. Gotcha und Laserdrome sollen auf den Index. Aber macht das Spiel mit der Farbkanone tatsächlich gewaltbereit?

Der Unterschied zu Spielen wie Völkerball besteht hauptsächlich in der realistisch anmutenden Waffe

VON FRAUKE SCHMICKL

Die große Koalition möchte das Waffengesetz verschärfen. Im umfassenden Katalog der geplanten Änderungen findet sich neben den verdachtsunabhängigen Kontrollen von Waffenbesitzern auch das angestrebte Verbot von Spielen wie Paintball oder Laserdrome. Dabei werde „das Töten simuliert“, begründete der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) das geplante Verbot gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Seit dem Amoklauf in Winnenden, der zwei Monate zurückliegenden Tragödie, bei der ein 17-jähriger in seiner ehemaligen Schule und bei seiner Flucht 15 Menschen und schließlich sich selbst erschossen hat, sind beide Extremsportarten wieder in der Diskussion. Sowohl bei Paintball, auch „Gotcha“ genannt, als auch bei Laserdrome treten zwei gegnerische Teams entweder in Hallen, Labyrinthen oder auf Outdoorfeldern gegeneinander an. Ob nun mit Laserpistolen oder Farbkügelchen geschossen wird (wie die Bezeichnungen „Paint“ und „Laser“ schon nahelegen, der entscheidende Unterschied zwischen den Spielformen), gemein ist ihnen, und das löst die anhaltenden Diskussionen aus, der aktive Waffengebrauch. So weit die Parallelen zur realen Jagd, zum tatsächlich vorhandenen Aspekt des „simulierten Tötens“.

Die Frage lautet nicht, ob bei beiden Spielen Jagd, Verfolgung und das Ausschalten des Gegners im Mittelpunkt steht, sondern ob man überhaupt und wenn ja, was man aus diesem Faktum ableiten kann. Seit Paintball Anfang der 80er-Jahre in den USA entstanden ist, scheint es sich steigender Beliebtheit zu erfreuen. Dafür spricht beispielsweise, dass im Zuge der „European Paintball Series“ in europäischen Ländern wie Deutschland, Spanien oder Frankreich an jeweils drei Spieltagen aufwendig organisierte Matches stattfinden. Im Jahr 2004 nahmen an diesen mehr als 400 Mannschaften mit über 5.000 aktiven Spielern aus aller Welt teil, die European Paintball Masters sind für Ende Mai in Deutschland geplant. Bisher haben sich laut dem Sportportal funsporting.de bereits über 100 internationale Teams angemeldet. Lässt sich von einem Faible für Paintball tatsächlich eine höhere Gewaltbereitschaft und eine gesunkene Hemmschwelle ableiten, dann würde der Austragungsort Bitburg von gewaltbereiten Horden überlaufen. Und hätte ein echtes Problem. Das beschlossene Verbot wäre die Rettung in letzter Sekunde. Die marodierenden Banden würden sich im Übrigen auch auf London, Paris und Malaga stürzen, denn diese bieten ebenso Örtlichkeiten für die diesjährigen European Series.

Eine Mannschaft besteht üblicherweise aus fünf, sieben oder zehn Spielern und das Hauptziel meist darin, die Fahne des gegnerischen Teams zu rauben. Dabei wichtig: sich strategisch günstig positionieren, um dem Gegner im Hinterhalt aufzulauern. Dies bedeutet notwendigerweise Teamwork für jede beteiligte Mannschaft.

Wie passen diese Anforderungen nun aber zu dem weitverbreiteteten Bild des einzelgängerischen, sozial inkompetenten und isolierten potenziellen jugendlichen Amokläufers? Der Unterschied zu Spielen wie „Räuber und Gendarm“ und Völkerball besteht hauptsächlich in der realistisch anmutenden Waffe. Auch die erstgenannten bilden zwei Mannschaften, die sich „verhaften“ oder mit einem Ball am Körper treffen. Natürlich muss man unterscheiden können, ob man mit einer echten Waffe oder einem Farbgeschoss schießt. Aber deshalb spielt man Völkerball auch in der Grundschule und gestattete Paintball bisher erst ab 18 Jahren. Wer bis zu diesem Alter noch keine Sozialkompetenz entwickelt hat, entwickelt sie auch nicht beim Paintball. Dafür ist aber nicht das Spiel verantwortlich.