: Hineinspaziert ins Küchenstudio
Vollendet ist der fast 50 Millionen Euro teure Umbau der Stadthalle Bremen: mehr Plätze, größeres Foyer, modernes Design, aber die große Anzahl großer Stars fehlt noch für das Programm 2005
Bremen taz ■ Alles neu. Alles größer. Alles hergerichtet im kühlen Stil der Zeit: Glas, Stahl, Beton. In bauintensiven elf Monaten wurde die Sitzplatzkapazität der Bremer Stadthalle um 3.500 auf 14.000 Plätze erweitert und ein Foyer neben die Halle gepflanzt. Kostenpunkt: fast 50 Millionen Euro.
Eine Investition, mit der Bremen als Großveranstaltungsort in die erste Liga aufsteigen möchte. Um wieder zur „ersten Adresse für die ganz großen Stars“ zu werden, wie Hallenchef Claus Kleyboldt betont. Jetzt soll es soweit sein. Ist es soweit?
Die Konkurrenz hat sich längst positioniert: In Hamburg vor zwei Jahren mit dem Bau der Color Line Arena, die sogar 16.000 Zuschauer fasst und 120 Veranstaltungen pro Jahr mit vier Millionen Besuchern ausweist. In Hannover wird seit der Expo 2000 die Preussag (heute TUI) Arena bespielt. Sie hat 14.000 Plätze, wirbt mit 85 Veranstaltungen und über einer halben Million Zuschauern pro Jahr. In diesem Kontext ist die Stadthalle jetzt nicht „das Spitzenhaus in Norddeutschland“, wie Kultur-/Wirtschaftssenator Peter Gloystein gestern behauptete.
Die ganz großen Stars sind für 2005 bereits gebucht, aber selten für Bremen. Anastacia wird die Stadthalle besuchen, war aber bereits vergangenen Oktober in Hamburg und Hannover. Westernhagen kommt, aber auch nach Hamburg und Hannover. Hamburg und Hannover können aber auch noch mit R.E.M., Mark Knopfler und DJ Bobo aufwarten, in der Color Line Arena gastieren zusätzlich Ronan Keating, Kylie Minogue, Joe Cocker, Destiny’s Child und Elton John. Entsprechend exklusive Stars hat Bremen nicht. Noch nicht? Während in den Arenen an der Elbe und Leine auch Eishockey- und Handball-Bundesliga zu erleben ist, wird in Bremen nur Basketball-Bundesliga gespielt. Reicht das? „Bereits 2006 werden wir besser als Hannover sein“, formuliert Kleyboldt seinen Arbeitsauftrag. Daran werden wir ihn messen.
Im Augenblick aber gilt es, die neue Stadthalle zu begutachten. Im Foyer erstarrt man vor dem Pathos der Coolness. So wolle man „die „Aufenthaltsdauer des Besuchers erhöhen“, hieß es, damit er mehr Geld bei den gastronomischen Einrichtungen ausgebe. Deswegen wohl wirkt der voluminöse Glaskubus wie ein überdimensioniertes modernes Küchenstudio. Kalte, nackte Materialien, grelle, klare Farben (Rot, Silber, Eisblau). Dagegen entwickelt selbst das postmoderne Kuddelmuddel des Congress Centrums gemütlichen Charme.
Richtig schick hingegen der Riesenrad-Reisen ersparende Ausblick auf Bürgerpark und -weide, Benque- und Gustav-Deetjen-Anlage. Hierzu hat Architekt Thomas Klumpp extra einen gläsernen Hallenrundgang bauen lassen.
Das Halleninnere erstrahlt in Schwarz und Grau. Der neue zweite Rang ermöglicht es, noch weiter von der Bühne weg zu sitzen, setzt aber aufgrund der steilen Konstruktion eine gewisse Schwindelfreiheit voraus. Die fast letzte Möglichkeit, dieses in der Stadthalle zu erleben, besteht morgen beim Tag der offenen Tür (13 bis 18 Uhr). Ab dem 1. Januar 2005 wird der traditionsreiche Name einem „Finanzdienstleister“ verkauft – dann ist nur noch der AWD-Dome zu besuchen. In Hannover existieren bereits: AWD-Arena (Niedersachsenstadion) und AWD-Hall (Stadionsporthalle). fis