: Aus Häftlingen werden Menschen
Die Filmemacherin Katharina Kops begleitet in „Aufschluss“ vier Frauen durch den Alltag im Knast von Köln-Ossendorf und nach ihrer Entlassung. Der Film soll in der Jugendarbeit eingesetzt werden
Von Thomas Spolert
Mary Ann kann es nicht fassen. Endlich wieder in Freiheit. Nach eineinhalb Jahren Knast wegen Diebstahls sitzt sie im Auto nach Hause. „Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie ich mich fühle“, strahlt sie überglücklich in die Kamera. So beginnt der 60-minütige Dokumentarfilm „Aufschluss“ über das Leben von vier jungen Frauen in der Kölner Justizvollzugsanstalt (JVA) Ossendorf und die ersten schwierigen Schritte in der neuen Freiheit.
Von April bis November 2004 begleitete die Filmemacherin Katharina Kops im Frauenhaus der JVA die wegen unterschiedlicher Delikte (Diebstahl, Schwarzfahren und Beihilfe zum Totschlag) zu Haftstrafen verurteilten Mary Ann, Laura, Cora und Tanja. Sie hatten sich freiwillig gemeldet, als die Idee zu diesem Film im Frauenknast vorgestellt wurde. Mit sehr unterschiedlichen Temperamenten und zunehmender Offenheit erzählen sie ihre von Gewalt und Drogen geprägten Lebensgeschichten und berichten von ihrem Alltag im Knast. Aus Häftlingen werden so Menschen. Immer wieder wechseln die berührenden Erzählungen der Frauen mit den trübseligen und erschreckend bedrückenden Bilder aus dem JVA-Alltag: Lange, meist fensterlose Flure, verschlossene Zellentüren und immer wieder Gitter bieten ein Bild der in Neonlicht getauchten Trostlosigkeit. „Ich fühle mich wie im Käfig“, sagt eine der Frauen.
Ergänzt werden die vier bewegenden Porträts durch Aussagen der Lehrerin der Knastschule, von JVA-Mitarbeitern und Sozialarbeitern, die im Knast oder außerhalb die inhaftierten Frauen unterstützen. Katharina Kops legt in diesen Filmsequenzen immer wieder gesellschaftliche Klischees offen. „Für die Beamten sind wir alle Verbrecher“, sagt beispielsweise eine der Frauen. „Das sind alles Menschen“, äußert hingegen einer der JVA-Beamten. Man wird das Gefühl nicht los, dass beide wahrscheinlich Recht haben. Der Alltag im Knast ist für keinen der Beteiligten nur schwarz oder weiß. Es ist ein grauer und harter Alltag, besonders für die inhaftierten Frauen, hinter denen sich jeden Tag die Zellentüren schließen.
Doch der Film endet nicht am großen Gefängnistor. Nach der ersten Freude über die wiedererlangte Freiheit müssen Mary Ann und Tanja auch den Alltag außerhalb der Gefängnismauern meistern. Denn mit dem Haftende sind die Probleme der Frauen längst nicht gelöst. „Ich muss das Leben auf die Reihe kriegen“, sagt Tanja treffend nach den ersten Rückschlägen.
Die 26-jährige Katharina Kops legt mit ihrem ersten Langfilm eine einfühlsame, atmosphärisch dichte Dokumentation über den Ossendorfer Gefängnisalltag vor. Es ist kein Film gegen den Knast, vielmehr einer für die Menschen hinter den dicken Gefängnismauern. Der vom „Medienprojekt Wuppertal“ produzierte Streifen wird bundesweit als Aufklärungsmedium für die Gewalt- und Drogenprävention bei Jugendlichen vertrieben.