: Und noch ein Jahresgehalt
Beim Parteitag der NRW-CDU dreht sich alles um Laurenz Meyer. RWE-Zahlungen deutlich höher als bisher bekannt
VON PASCAL BEUCKER
Jürgen Rüttgers wollte Siegeszuversicht verbreiten. „Jetzt oder nie, das ist die Ansage für den 22. Mai“, versuchte der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am Samstag seiner Partei Mut zu machen. Sicherlich, es habe in den vergangenen Wochen einige personelle Schwierigkeiten gegeben. „Wir hatten Probleme, doch die sind gelöst. Jetzt geht es nach vorn“, rief Rüttgers den 235 Delegierten auf dem Landesparteitag in Hamm zu.
Von wegen. Denn es war ein bitterer Parteitag für den sichtlich nervösen Laurenz Meyer. Ausgerechnet in seiner Heimatstadt Hamm musste der CDU-Generalsekretär durch ein Spalier von Kamerateams hindurch. Und die Journalisten interessierten sich nur für ein Thema: Meyers Alimentierung durch den Stromkonzern RWE. Auf alle Fragen jedoch antwortete der 56-Jährige einsilbig: „Ich habe am Freitag alles erklärt, was zu erklären ist.“ Noch so eine Selbsttäuschung.
Denn nach dem Sturz von Hermann-Josef Arentz könnte nun auch Meyer über seine RWE-Bezüge stolpern. Zwar ließ die CDU-Vorsitzende Angela Merkel gestern noch Gerüchte zurückweisen, Meyer sei wegen der RWE-Zahlungen praktisch entmachtet und „unter Aufsicht“ von Fraktionsvize Roland Pofalla (CDU) gestellt worden. Doch es wird eng, sehr eng. Meyer sei nicht mehr zu halten, heißt es bereits aus CDU-Kreisen. Laut einem Bericht des Spiegel erhielt er auch noch während seiner Zeit als Generalsekretär weit mehr Geld von dem Energieunternehmen, als er bisher eingeräumt hat – und das „ohne erkennbaren Gegenwert“. So soll Meyer von Juni 2000 bis April 2001 sein volles Gehalt sowie mindestens weitere 66.500 Euro von RWE bezogen haben. Diese Zusatzsumme in Höhe eines Jahresgehalts sei bei laufenden internen Recherchen des Energiekonzerns herausgekommen.
Strom, Gas, Betriebspension
Zudem erhalte Meyer wegen seines ruhenden RWE-Vertrages Strom und Gas zum verbilligten Tarif sowie eine Betriebspension in unbekannter Höhe. Erst am Freitag hatte Meyer eingeräumt, entgegen früheren Angaben nach seinem Amtsantritt als CDU-Generalsekretär Ende 2000 noch rund 40.000 Euro Gehalt von RWE erhalten zu haben. Er rechtfertigte sich damit, er habe „die vorhandenen Tätigkeitsfelder so bearbeitet, dass eine geordnete Übergabe stattfand“. Das war allerdings möglicherweise nur die halbe Wahrheit.
Begonnen hatte Meyers Karriere beim Studium in der schwarzen Hochburg Münster, hier engagierte sich der Ostwestfale zunächst im CDU-nahen Studentenverband RCDS. 1975 ging er, mittlerweile Diplomvolkswirt, zu den Vereinigten Elektrizitätswerken Westfalen (VEW). Gleichzeitig begann auch seine „richtige“ politische Karriere im Stadtrat in Hamm. 1990 zog er in den NRW-Landtag ein, war wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU und wurde 1997 zum Fraktionsvize und 1999 zum Fraktionschef gewählt. Im Landtag glänzte der so scharfzüngige wie unbegnadete Rhetoriker in der Rolle des wortreichen Saubermanns. Dafür war ihm jedes Medium recht: Sogar in der Jungen Freiheit schoss er gegen „dieses ganze Filzgeflecht“ der Sozialdemokraten.
Doch schon bei der Kampfabstimmung um den Fraktionsposten 1999 gegen Hermann-Josef Arentz warfen ihm die Grünen im „Anti-Filz-Kampf“ Scheinheiligkeit vor: „Die CDU hat anteilsmäßig immer von den engen personellen Verflechtungen mit den Stromkonzernen profitiert“, so der grüne Fraktionsvize Reiner Priggen. Das habe sich beispielhaft an dem Sieg des VEW-Hauptabteilungsleiters Meyer über den RWE-Mitarbeiter Arentz gezeigt: „Die Entscheidung fiel 1:0 für VEW aus“, lästerte Priggen.
Nicht ausgelastet
Nach seiner Wahl in die Fraktionsspitze ließ Meyer seinen VEW-Vertrag zunächst ruhen. Doch als er nach der verlorenen Landtagswahl 2000 verabredungsgemäß für den Spitzenkandidaten Rüttgers Platz machte und Landtagsvizepräsident wurde, fühlte er sich offenbar nicht ausgelastet: Der wohldotierter Vertrag lebte wieder auf. Kurz darauf verschmolzen VEW und RWE.
Bei seiner Vorstellung als Merkels neuer General im Herbst 2000 hatte Meyer zwar erwähnt, dass er von der RWE eine „Rückfahrkarte“ besitze. Allerdings hatte er auch behauptet, sein neuer Job bedeute für ihn keine finanzielle Besserstellung. Wie sich jetzt herausstellt, war das wohl etwas geflunkert: Denn Meyer kassierte in den ersten Monaten gleich dreifach – als CDU-Generalsekretär, als NRW-Landtagsabgeordneter und zudem als nur scheinbar ruhender RWE-Mitarbeiter. Diese Jobanhäufung dürfte „Laurenz Nimmersatt“ Meyer jetzt zum Verhängnis werden.