Ministerpräsident Steinbrück hört die Signale

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident warnt die öffentlich-rechtlichen Sender: Denen drohe Ärger von Seiten der EU-Kommission – wegen kommerzieller Online-Angebote, Sponsoring und privater Tochterfirmen. BBC soll Vorbild sein

DÜSSELDORF taz ■ Was zunächst das medienpolitische Thema des Tages schien, war dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) gestern nur ein paar Sätze wert. Dem Direktor des in Auflösung begriffenen Düsseldorfer Europäischen Medieninstituts (EMI), Jo Groebel, wird von zwei ehemaligen Aufsichtsratsmitgliedern vorgeworfen, nichts gegen die Abwicklung des Instituts unternommen zu haben. Groebel verwahrte sich gegen die Angriffe. Von Steinbrück erhielt der fortan in Dortmund tätige EMI-Direktor volle Rückendeckung: „Was da gelaufen ist, ist vollkommen in Ordnung.“

Statt des öffentlich geförderten Instituts setzte der Regierungschef den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf die Agenda. Dem WDR und seinen Partnersendern in den anderen Bundesländern, warnte Steinbrück, drohe Ungemach aus der Brüsseler EU-Kommission. Die Zeiten, in denen auf den ARD-Internetseiten allerlei nützliche Haushaltsgeräte und Weihnachtsgeschenke zum Kauf feil geboten werden, könnten demnach schon bald vorbei sein. Steinbrück forderte die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender auf, mehr „Transparenz im Kostenbereich“ und „marktkonformes Verhalten bei kommerziellen Aktivitäten“ zu zeigen, um so einem Strafverfahren durch die Europäische Kommission zuvorzukommen. Steinbrück sagte, die „Signale aus Brüssel“ gäben „Anlass zur Besorgnis“. Die EU-Kommission prüfe derzeit „sehr entschlossen“ den Umgang der deutschen Anstalten mit den Rundfunkgebühren. Im Visier der Wettbewerbshüter seien vor allem kommerzielle Online-Angebote, Sponsoring und die Abwicklung von Verträgen durch private Tochterfirmen.

Steinbrück schlug vor, die Anstalten sollten sich an der britischen BBC orientieren. Deren Chef Mark Thompson hatte angekündigt, dass die BBC „more value for more money“ bieten, also im Falle höherer Gebühren auch ein wertvolleres Programm machen müsse. „Das ist die Devise“, so Steinbrück.

Für die Öffentlich-Rechtlichen wäre ein Wettbewerbsverfahren aus Brüssel der zweite Schlag ins Kontor, nachdem die Rundfunkgebühren im kommenden Jahr um lediglich 88 Cent Euro statt wie vorgesehen um 1,09 Euro angehoben werden. Ministerpräsident Steinbrück betonte zwar, dass weder die Landesregierung noch der EU-Wettbewerbskommissar das duale System aus gebührenfinanziertem und privatem Rundfunk in Frage stellen wolle. Allerdings müssten die öffentlich-rechtlichen Anstalten ihren Programmauftrag ändern. Dabei gehe es um eine „Konzentration auf wettbewerbskonformes Verhalten“: Weniger versteckte Werbung, mehr Qualitätsrundfunk.

Auch der ARD-Vorsitzende Jobst Plog setzt auf gemeinsame Gespräche mit Brüssel, wies die von Steinbrück beklagten angeblichen Fehlentwicklungen aber zurück: „Wo es Ausfransungen gab, haben wir diese selbst erkannt und beseitigt.“

SEBASTIAN SEDLMAYR