: Was Frau Hildebrandt will
Die Chefin des Mauermuseums, Alexandra Hildebrandt, ist sich offensichtlich selbst nicht darüber im Klaren, ob sie ihr umstrittenes Denkmal aus über 1.000 Kreuzen am Checkpoint Charlie erhalten will
von PHILIPP GESSLER
Was hat sie nun gesagt, Alexandra Hildebrandt? Die Chefin des Mauermuseums Checkpoint Charlie hat eine Pressekonferenz gegeben – und was nun eigentlich ihr Anliegen war, blieb im Dunkeln. Wie häufig. „Hildebrandt will Mauermahnmal offensichtlich nicht abreißen“, hat die Deutsche Nachrichten-Agentur dpa verstanden. „Hildebrandt signalisiert Bereitschaft zum Abbau der Mauerkreuze“, schrieben dagegen die Konkurrenten der Nachrichtenagentur ddp. Oder ist gar beides richtig?
Es hat wenig Sinn, irgendwelche sinnvolle Nachricht aus dem wirren Schauspiel der Pressekonferenz herausfiltern zu wollen. Offensichtlich ist: Die Witwe des Mauermuseums-Gründers, Rainer Hildebrandt, der vor knapp einem Jahr verstarb, weiß selber nicht genau, was sie machen soll. Bezeichnend ihre Aussage auf der Pressekonferenz: Wenn „ihr“, gemeint waren die Medien, für einen Fortbestand des Kreuzwaldes links und rechts der Friedrichstraße wäret, würde man das „Freiheitsmahnmal“ erhalten. Also sollen jetzt Journalisten entscheiden, ob die Bagger kommen?
Hildebrandt ist klar, dass „wir nach Aussage unseres Rechtsanwaltes einen Rechtsbruch“ begehen, „würden wir die Gedenkstätte Checkpoint Charlie fortbestehen lassen“. Sie fügte hinzu: „Man wird uns den Vorwurf machen, gegen die von uns verteidigte freiheitliche Grundordnung zu verstoßen. Das wollen wir nicht!“ Andererseits betonte Hildebrandt, sie als Künstlerin „neige dazu, es einfach stehen zu lassen“: „Mein Herz sagt ja.“ Und: „Wir müssen es stehen lassen, bis die Lage geklärt ist.“
Wie geht es also weiter mit dem Kreuzwäldchen? Nach Aussage der Museumschefin antwortet die Bankaktiengesellschaft (BAG) aus Hamm nicht auf Anfragen. Die BAG ist die Zwangsverwalterin der Liegenschaft, obwohl das Gelände nominell noch der insolventen amerikanischen Investorengesellschaft Checkpoint Charlie KG gehört. Ende Oktober hatte die BAG den Pachtvertrag gekündigt.
Immerhin ist jetzt öffentlich, wie viel das Mauermuseum an Pacht für die Nutzung des Geländes als Kunstobjekt zahlt: monatlich 14.500 Euro. „Das ist sehr viel und fällt uns sehr schwer“, räumte Hildebrandt ein. Nach Einschätzung ihres Anwalts Christoph Lehmann ist nicht zu erwarten, dass das Kunstwerk schon in wenigen Tagen nach dem 1. Januar 2005 abgerissen wird. Dazu bedürfe es eines „Räumungstitels“, der aber nicht vorliege. Die 1.065 Kreuze neben der 150 Meter langen, wieder aufgebauten Mauer, die hier nie stand, werden uns also mindestens noch einige Monate beschäftigen.
Und so umstritten dieses Privatmahnmal in der Stadt ist – Hildebrandt zufolge hat ihr Museum für das Kunstwerk bereits hunderte Zuschriften erhalten, „alle zeugten von größter Zustimmung und Verständnis für unser Handeln“. Die Museumschefin hat alle Beteiligten, Stadt wie Investoren, für den 28. Dezember zu einem Gespräch über die Zukunft des Objektes eingeladen. Die Frage ist nur, ob überhaupt jemand kommt.