„Unrichtige Angaben gemacht“

Laurenz Meyer hat sich zwar legal, aber trotzdem nicht korrekt verhalten, findet der Grünen-Abgeordnete Ströbele. Er fordert schärfere Regeln für Nebeneinkünfte

taz: Herr Ströbele, hat Laurenz Meyer nach bisherigem Kenntnisstand Recht, wenn er sagt, seine Einkünfte seien legal?

Hans-Christian Ströbele: Er hat wahrscheinlich Recht. Es gibt ein umfassendes und schwer durchschaubares Regelungssystem für Abgeordnete, bei wem und in welchem Umfang sie Rechenschaft über ihre Einkünfte ablegen müssen. Bundestagsabgeordnete müssen beim Parlamentspräsidenten grundsätzlich jedes Einkommen und alle Honorare angeben Dies gilt nicht für Entgelte für Gutachten und Vorträge, die nicht höher sind als 3.000 Euro im Monat oder 18.000 Euro im Jahr übersteigen, und für Einkünfte, die der Abgeordnete in Ausübung seines Berufs erzielt – also im Unterschied zu Beraterverträgen, Aufsichtsratsposten und Ähnlichem.

Werden diese Informationen auch veröffentlicht?

Die Regelung, die seit September 2002 gilt, sieht vor, dass zwar öffentlich bekannt gemacht werden muss, welche Posten ein Abgeordneter bekleidet, nicht aber die Höhe der Einkünfte, die er damit erzielt. Ich halte das für unzureichend. Meiner Meinung nach sollten auch alle Einkünfte veröffentlicht werden, außer Bagatellzahlungen bis 300 Euro.

Wenn alle Einkünfte von Laurenz Meyer ganz legal sind – gibt es dann überhaupt einen Grund, ihn zu entlassen?

Er hat, soweit wir das bisher wissen, unrichtige Angaben gemacht, und zwar nachhaltig und beharrlich. Das begründet den Verdacht, dass hier Politik bezahlt werden sollte. Man fragt sich, warum jemand erhebliche Beträge erhält, wenn er dafür keine Gegenleistung erbringt. Möglicherweise hat er ja Zahlungen dafür bekommen, dass er als Lobbyist tätig war.

Aber das sind doch viele Abgeordnete.

Das ist richtig. Die sollten dafür aber meiner Meinung nach kein Geld bekommen. Da sehe ich mich Arm in Arm mit der UN-Konvention gegen Korruption, die vor einem Jahr von der Bundesregierung unterschrieben worden ist. Diese Konvention verpflichtet alle Unterzeichnerstaaten, einen Straftatbestand der Bestechung für Abgeordnete einzuführen.

Gibt’s den denn noch nicht?

Nur in sehr eingeschränkter Form. Es gibt einen Paragrafen – der übrigens noch nie angewandt worden ist –, der mit Freiheitsentzug von bis zu fünf Jahren droht, wenn jemand es bei einer konkreten Abstimmung unternimmt, eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen. Lobbyarbeit für ein Unternehmen ist eben bisher nicht strafbar.

Was sollte Ihrer Meinung nach geändert werden?

Ich bin der Ansicht, dass jede rechtswidrige Einschränkung der Unabhängigkeit eines Abgeordneten durch Vorteilsgewährung oder Vorteilsannahme auch bei sonstiger Wahrnehmung seines Mandats unter Strafe gestellt werden sollte. Das fordert auch die Organisation Transparency International. Forderungen nach einer entsprechenden Neuregelung werden jedoch bislang von Abgeordneten aller Fraktionen abgewehrt. Dabei verlangen wir das von Ländern in Afrika und Lateinamerika, die von uns Entwicklungshilfe bekommen.

Zurück zu Herrn Meyer: Sollte er entlassen werden?

Für mich wäre der Rubikon überschritten, wenn sich herausstellt, dass er Geld für Tätigkeiten während seiner Abgeordnetenzeit erhalten hat. Es wird interessant sein, zu erfahren, was die betroffene Firma dazu zu sagen hat. Die ist jetzt in der Zwickmühle: Wenn sie Geld ohne Gegenleistung bezahlt, dann setzt sie sich dem Verdacht der Untreue aus.INTERVIEW: BETTINA GAUS