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Archiv-Artikel

Keine Macht den Räten!

Kölns Museen ersticken in Verwaltungszwängen und leiden unter Finanznot. Die neue Ratsmehrheit will Möglichkeiten der Privatisierung überdenken. Das SPD-nahe Kulturforum erteilt den Übernahmeplänen des Kölner „Stifterrats“ eine klare Absage

VON JÜRGEN SCHÖN

Man hat Geld und Einfluss, versteht etwas von Geschäften, interessiert sich für Kunst – da könnte man doch ein Not leidendes Museum übernehmen und den Verantwortlichen zeigen, wie man es wieder auf Zack bringt. So in etwa hat sich das die Kölner Honoratiorenrunde des „Stifterrates“ gedacht, der das Wallraf-Richartz-Museum übernehmen will. Im Kölner Stadt-Anzeiger, herausgegeben vom Stifterrats-Mitglied Alfred Neven-DuMont, wurde für diese Idee getrommelt. „So nicht!“, heißt es jetzt aus den Reihen des Koalitionspartners SPD. Wie aber vielleicht doch, wurde am Montag Abend im Stadtgarten auf einer Veranstaltung des SPD-nahen „Kulturforums“ diskutiert.

Einig waren sich Podium und Zuhörer schnell: Kölns Museen leiden unter Finanznot und ersticken in Verwaltungsbürokratie, Beamtenrecht und kameralistischer Buchführung. Hilfe von außen ist da willkommen, die Frage aber war: Wie soll „privatisiert“ werden, in welche Rechtsform – GmbH oder Stiftung – ist ein bestehendes Haus am sinnvollsten zu überführen? Privatisierungen liegen im Bundestrend, berichtete Raimund Bartella, Kulturreferent beim Deutschen Städtetag. So nahm von 1997 bis 2002 die Zahl der Museen, die in eine GmbH umgewandelt wurden, um 33 Prozent zu, die Zahl der Stiftungen stieg gar um 50 Prozent.

Gleich zwei Modelle wurden an diesem Abend vorgestellt: die Stiftung „Gartenkunstmuseum“ in Benrath und die Siegburger Kunstmuseum GmbH, eine städtische Tochtergesellschaft. Bei beiden blieb die Stadt Besitzer der Sammlung und der Gebäude und hat heute über unterschiedliche Gremien weiter das Sagen. Beide Direktoren, Gabriele Uerscheln aus Benrath und Gert Fischer aus Siegburg, können heute schneller und unbürokratischer Entscheidungen treffen, müssen sich aber „am Markt“ orientieren. Unterschiede gibt es bei den Finanzen. In Benrath kann ein reiches Stiftungskapital abgeschöpft werden (allein von Henkel kommen alle fünf Jahre neun Millionen Euro), das Personal wird über Tarif bezahlt. In Siegburg dagegen konnte nur durch niedrigere Löhne und höhere Einnahmen, etwa durch Vermietung, eine 15-prozentige Kostensteigerung aufgefangen werden, die städtischen Zuschüsse wurden seit 1999 nicht erhöht.

Zwei unterschiedliche Beispiele, die aber nicht verallgemeinerbar sind. Ob sich eine Privatisierung letztlich „lohnt“, müsse im Einzelfall an fünf Kriterien überprüft werden, riet Bartella: Erfüllt das Museum weiter seine Aufgabe? Läuft die Organisation besser? Wie verändert sich die Kostenstruktur? Wie lassen sich die Einnahmen erhöhen? Wer hat das Sagen? Dabei seien das Wettbewerbs- und das Steuerrecht zu beachten.

Eine langwierige und komplizierte Diskussion, die in Köln erst begonnen hat und sich zur Zeit auf das Stifterratsmodell kapriziert. Dazu steht im Koalitionsvertrag von CDU und SPD, dass „Formen der Public Private Partnership mit städtischer Mehrheitsbeteiligung denkbar sind“. Hans-Georg Bögner, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion, stellte klar: „Der Einfluss des Rats muss erhalten bleiben.“ Dafür fand er Zustimmung.

Eine klare Absage also an das vorliegende Stifterratsmodell, das einen Aufsichtsrat vorsieht, in dem die Stifter die Mehrheit haben und auch über den Museumschef entscheiden wollen (taz berichtete). „Sie sollen endlich sagen, wie viel Geld sie einbringen“, forderte Bögner weiter. Und wenn eine neue Rechtsform, dann für alle Häuser. Schließlich dürfe es in Köln keine Museen 1. und 2. Klasse geben.

Ob eine neue Rechtsform aber überhaupt nötig ist, diese Frage wurde zwar gestellt, aber nicht abschließend beantwortet. In der Koalitionsvereinbarung heißt es dazu: „Die eingeleitete Prüfung zur Erhöhung der Effizienz der Betriebsführung und der Eigenständigkeit der Museen wird begrüßt und zeitnah zum Abschluss gebracht.“ Das Ergebnis dieser Prüfung müsste die Grundlage der Diskussion darüber sein, wie die Situation der Museen verbessert werden kann.