Leckerer Fisch könnte rar werden

Zwar soll der Dorsch in der Ostsee besser geschützt werden. Auf einen Fangstopp in der Nordsee können sich die EU-Minister aber nicht einigen. Dabei verordnen Wissenschaftler Kabeljau und Scholle eine Pause, damit sich die Bestände erholen

AUS BERLIN HANNA GERSMANN

Ohne Fisch kein Fischstäbchen – diese banale Erkenntnis setzte sich bei den zuständigen EU-Ministern gestern nicht durch. Zwar beschlossen sie neue Schutzzonen für den Dorsch in der Ostsee, darüber hinaus bekommen die Fische keine Ruhepause. Das widerspricht dem Fangstopp, den 1.600 Experten des Internationalen Rates zur Erforschung der Meere gefordert hatten.

14 Kilo Fisch isst jeder Deutsche pro Jahr. Nord- und Ostsee sind fast leer gefischt. Seit den 70er-Jahren sind die Kabeljaubestände auf ein Zehntel geschrumpft. Auch Seezunge, Scholle und Rotbarsch sind in ihrer Existenz gefährdet.

Freilich wissen das die europäischen Fischereiminister, die am Dienstag zusammenkamen. Sie stritten wie jedes Jahr kurz vor Weihnachten über die Fangquoten für die folgenden 12 Monate, 14 Stunden lang bis gestern Morgen. „Man müsse das ökologisch Notwendige mit dem ökonomisch Möglichen in Einklang bringen“, sagte EU-Kommissar Joe Borg. Das heißt aber für die Fangnationen Spanien, Frankreich und Großbritannien: Tabuzonen für Fischer gibt es nicht. Sie setzen sich damit vor allem gegen Deutschland durch.

Die Briten wehrten sich dagegen, dem Kabeljau in der Nordsee eine Kur zu verordnen. Eigentlich wollte Brüssel ein Fünftel des Gewässers sperren. Nun haben die 25 EU-Staaten lediglich die Zahl der Fangtage von bisher 10 auf 9 pro Monat verringert.

Da hat es der Dorsch, so wird der Kabeljau in der Ostsee bezeichnet, etwas besser. Statt zwei gibt es künftig drei Gebiete, in denen die Flotten ihn das ganze Jahr in Ruhe lassen müssen: im Gotlandtief, im Bornholmtief und im Gedansktief. Zudem ist das Fischen in der östlichen Ostsee im Sommer viereinhalb statt bisher zwei Monate verboten. Dennoch wurde die Fangmenge nur gering von 41.650 auf 39.000 Tonnen gemindert.

Die grüne Bundesagrarministerin Renate Künast sagte: „Es gibt keinen Grund, in Begeisterung auszubrechen, aber wir haben einen Fuß in der Tür.“ – „Sie quetscht ihn sich“, schimpfte indes Thilo Maack von Greenpeace. Ihn ärgert, dass Künast den Fangquoten zugestimmt hat, also „kurzfristige Wirtschaftsinteressen die Vernunft besiegen“. Dabei gehe es den Fischern nur gut, wenn es dem Fisch gut geht.

Nun kann aber auch Kaisergranat, der in Paella serviert wird, weiterhin vor Galizien gefischt werden. Dafür sorgte Spanien, das mit 11.000 Fangschiffen die größte EU-Flotte unterhält. Frankreich handelte aus, dass Quoten für Tiefseefische, die dort als Delikatesse vekauft werden, nur um 15 statt 50 Prozent gesenkt werden.

Die Sache hat ohnehin einen Haken. Der Markt funktioniert so: Je strikter die Quote, desto knapper der Fisch und umso höher der Preis. Nur ist etwa der Kabeljau in letzter Zeit gar nicht teurer geworden. Fazit der Experten: Der Fischer fischt schwarz – solange noch was da ist.

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