piwik no script img

Archiv-Artikel

Keine Ecke für sich

Die meisten Notunterkünfte in Köln entsprechen nicht den Bedürfnissen der Obdachlosen, sagt das KALZ

Köln taz ■ „Niemand muss auf der Straße erfrieren“, sagt die Stadt Köln und vermeldet stolz, dass sie „ausreichend“ Unterbringungsangebote für Wohnungslose anbieten kann. So sei die „Winterhilfe“ mit Bauwagenplätzen und „lockeren Unterkünften für Menschen, die keine Gemeinschaft ertragen“ in diesem Jahr um drei auf insgesamt 13 Plätze vergrößert wurden, erklärt eine Mitarbeiterin vom Sozialdezernat. Neben diesem Zusatzangebot könnten Wohnungslose freilich auch die ganzjährigen Angebote in den Obdachloseneinrichtungen und Wohnheimen aufsuchen. Dort gibt es laut einer Stellungnahme der Verwaltung Platz für 3.563 Personen, plus 107 Plätze in Notunterkünften sowie 1.017 Langzeitunterbringungsmöglichkeiten in speziellen „Hotels“.

Entgegen der Darstellung der Stadt ist eine Übernachtung in der Notschlafstelle allerdings nicht kostenlos. Das Geld werde den Betreffenden von der Sozialhilfe abgezogen, sagt Karl-Heinz Iffland. Er ist Vorstandsvorsitzender des Kölner Arbeitslosenzentrums KALZ, das den Obdachlosentreff „Gulliver“ am Breslauer Platz sowie das Restaurant „Lore“ für Obdachlose und Arme in der Domstraße betreibt. Iffland kritisiert zudem, dass die meisten Angebote nicht den Bedürfnissen der Obdachlosen entsprechen, weil die Individualität fehle. „Auch Menschen von der Straße brauchen schließlich eine Ecke für sich.“

Daher seien Sechs- bis Achtbettzimmer wie im Johanneshaus oder auch die Gemeinschaftsküchen in den „Hotels“ eigentlich „nicht akzeptabel“. Man habe keine Ruhe, es gebe viele Klagen über Diebstahl. Viele Wohnungslose suchten sich daher auch im Winter lieber „eigene Nischen“. So hätten sich einige gerade in den Baugerüsten vor dem Gulliver „eingerichtet“.

Für die Zukunft überlegt das KALZ, in den Bahnbögen neben dem Gulliver ein „Hotel Gulliver“ mit Einzelzimmern und Bad einzurichten, sagt Iffland. Die Architektenpläne gebe es schon, jetzt komme es auf die Finanzierung an – und die Pläne der Bahn für die leer stehenden Bögen. „Für unsere Gäste ist das Beste gut genug“, meint Iffland. „Was für ein Menschenbild haben wir sonst?“ Susanne Gannott