Skandalpolitiker wird abgewickelt

Staatsanwaltschaft legt neue Details der Anklage gegen den SPD-Landtagsabgeordneten Willi Nowack vor. Skandalpolitiker soll Schmiergeld in fünfstelliger Höhe vom Betreiber einer Baumarktkette angenommen haben, um Wahlkampf zu bezahlen

ESSEN taz ■ Die Justiz hat neue Erkenntnisse über das System Willi Nowack veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft Essen legte gestern Einzelheiten der Anklage gegen den SPD-Landtagsabgeordneten vor. Nowack soll seit 1997 Schmiergeld in fünfstelliger Höhe angenommen haben. Mit dem Geld vom Betreiber einer Baumarktkette habe sich der damalige Essener SPD-Fraktionschef den Kommunalwahlkampf 1999 finanzieren lassen. Die SPD habe er nicht informiert.

„Die Partei war über den wahren Charakter der Spenden nicht aufgeklärt“, sagte Oberstaatsanwalt Willi Kassenböhmer gestern zur taz. Da die Spende folglich auch nicht wie vorgeschrieben an den Präsidenten des Deutschen Bundestags gemeldet wurde, verlor die SPD dadurch den Anspruch auf staatliche Parteienfinanzierung in Höhe von 70.000 Mark. Bei der Essener SPD herrschte gestern Verwirrung über die neuen Vorwürfe. „Ich kenne den Vorgang nicht“, sagte der örtliche Bundestagsabgeordnete Hans-Günter Bruckmann. Willi Nowack war über sein Büro nicht erreichbar.

Als Gegenleistung für die Spende soll Willi Nowack der Baumarktkette die Genehmigung für zwei Märkte zugeschanzt und umgerechnet rund 46.000 Euro erhalten haben. Die Genehmigungen wurden im August 1999 erteilt. Die Zahlung der Summe an Nowack wurde laut Justiz über eine Mülheimer Firma abgewickelt.

Bereits Anfang Dezember war eine Anklage wegen Untreue und Insolvenzverschleppung gegen den seit Jahren umstrittenen Multifunktionär erhoben worden. Auf Druck der NRW-SPD hatten die Essener Genossen ihren Ex-Spitzenmann nicht wieder als Landtagskandidat aufgestellt. Die politische Karriere Nowacks befindet sich in der Abwicklung. Ob die Anklage gegen ihn zugelassen wird, entscheidet in den nächsten Wochen das Landgericht Essen. MARTIN TEIGELER