: Partytime bei den Piranhas
Leere Kassen brachten den Kölner Zoo auf eine Geschäftsidee: Abendveranstaltungen zwischen den Aquarien. Tierschützer kritisieren, Empfänge oder Modeschauen seien eine Zumutung für die Tiere
VON ANKE REUß
Chronischer Geldmangel treibt in Köln so manche Blüte. Zur Aufbesserung seiner Finanzen vermarktet der Zoo zusammen mit dem Veranstalter Koelnkongress neuerdings sein Aquarium für Firmenessen, Präsentationen, Empfänge oder Modenschauen. Für 2.500 Euro pro Abend kann der Besucherbereich zwischen Python, Krokodil und Anemonenfischen gebucht werden. Erst kürzlich fand der Kölner Medientreff in dieser „Urwaldidylle“ statt. „Gefährlich blinzelnde Krokodile, changierende Chamäleons, hungrige Piranhas. Ein attraktives Ambiente für prickelnde und extravagante Events“ wirbt die Webseite von Koelnkongress für die „Zoolocation“.
Für die Tiere allerdings ist die neue Geschäftsidee eine Zumutung, kritisieren Tierschützer. „Fische sind hoch empfindlich. Selbst durch leise Musik empfinden sie Stress, da die Schallwellen unter Wasser noch stärker weitergeleitet werden als über die Luft“, erklärt Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Denn Fische können mit ihrem Seitenlinienorgan, einem „Ferntastsinn“, mit dem sie feinste Schwingungen und Strömungen wahrnehmen, deutlich besser „hören“ als Menschen. Und auch durch den ungewohnten Lichteinfluss während der Nacht seien sie in ihrem Rhythmus gestört und orientierungslos, sagt Apel. Daher sollten diese Veranstaltungen komplett eingestellt werden.
Der Zoo dagegen argumentiert mit den hohen Kosten, die eine artgerechte Haltung der Aquariumbewohner koste. „Der Kölner Zoo bekommt jährlich einen Zuschuss von rund 5 Millionen Euro. Damit decken wir rund 40 Prozent unserer Kosten ab“, erklärt Christopher Landsberg, der Prokurist des Kölner Zoos. Die restlichen 60 Prozent müsse man selbst „erwirtschaften“, über Eintrittspreise, Zoo-Shop, Spenden, Sponsoring und so weiter. Allein die Instandhaltung habe im letzten Jahr rund 150.000 Euro verschlungen – zuzüglich zu den laufenden Kosten und dem Personal.
Trotzdem will auch Aquariumschef Thomas Ziegler die Vermarktungsidee nicht überstrapazieren. Maximal 20 Events im Jahr sind in der ungewöhnlichen Location vorgesehen. „Damit vermeiden wir zu viel Unruhe für die Tiere. Tierpfleger und Aufsichtspersonal sind aber ohnehin immer zugegen, sie sollen Zwischenfälle vermeiden helfen“, sagt er. Insgesamt ist er mit dem Nebengeschäft zufrieden. „Schließlich kommt der Erlös den Tieren zugute: Wir können uns Anschaffungen leisten wie etwa neue Wasserbecken.“
Hier ist der Bedarf in der Tat beeindruckend: Ein 20.000-Liter-Becken mit nachgebauter Korallenriff-Landschaft zeigt die Artenvielfalt der „Regenwälder der Meere“. Ein zweites 20.000-Liter-Aquarium beschäftigt sich mit dem Leben im Tanganjikasee. Und in neun Aquarien wird die Fischwelt des Rheins von der Quelle bis zur Mündung vorstellt. Insgesamt beherbergt das Kölner Aquarium etwa 6.00 verschiedene Arten an Fischen, Reptilien und Amphibien.
Die Vielzahl gerade an tropischen Fischen soll die Besucher nicht nur beeindrucken. Direktor Ziegler hat den Anspruch, mit seinem Aquarium auch „Aufklärungsarbeit zu leisten“. Etwa über die Ursachen der Zerstörung von Korallenriffen. Besonders am Herz liegt dem Direktor die Problematik des Tierschmuggels: Bei ihm finden vom Zoll beschlagnahmte Tiere ein neues Zuhause. Etwa die vor 20 Jahren konfiszierten Arapaimas, die mittlerweile drei Meter messen und zu den größten Süßwasserfischen der Welt gehören. „Darüber hinaus kümmern wir uns um die Nachzucht, den Artenschutz und unterstützen beispielsweise den Nationalpark in Vietnam“, so der Aquariumschef.
Während der Kölner Zoo argumentiert, sein breites und tropisches Repertoire diene also letztlich der Artenvielfalt, plädiert der Tierschutzbund dafür, von Exoten Abstand zu nehmen. Das sei zum einen kostensparend: Eventmarketing würde überflüssig. Zum anderen sei es wichtiger, den Besuchern die heimische Tierwelt nahe zu bringen – und so zu deren Schutz beizutragen. Das allerdings dürfte viele Besucher weniger interessieren: Bunte Tropenfische gucken macht schließlich mehr Spaß.