: Ganz entspannt geblieben
UMSONSTFAHRTAG Klimaaktivisten warben für „Gratismobilität für alle“. Die Polizei hielt sich zurück, die BSAG beklagt verklebte Automaten – aber nicht mehr Schwarzfahrer
VON CHRISTIAN JAKOB
Konfrontationen gab es keine: Mehrere Stunden machten die Aktivisten des „Klimaplenums“ am Samstag mit ihrem „Umsonstfahrtag“ Werbung für eine ökologische und soziale Verkehrswende „durch Gratismobilität“. Polizei und BSAG ließen sie weitestgehend gewähren.
Gegen elf Uhr hatten sich über hundert Menschen an der Domsheide versammelt und strömten von dort aus mit Aufklebern und Flugblätter in die Busse und Straßenbahnen der BSAG. Um den Vorwurf der „Beförderungserschleichung“ zu vermeiden, meldete sich die Gruppen stets beim Einsteigen als „Umsonstfahrer“ an. Die Reaktionen der BSAG-Mitarbeiter fielen sehr unterschiedlich aus: Teilweise wandten sich Fahrer mit Durchsagen wie „Heute können Sie überhaupt nicht umsonst fahren, das ist eine Fehlinformation“ an die Fahrgäste. Andere störten sich nicht weiter an dem Treiben der Umsonstfahrer. Vereinzelt stiegen Fahrer auch aus ihrem Führerhaus aus und zerrten die Aktivisten am Arm aus den Bussen. Während die Mehrzahl der Fahrgäste die verteilten Broschüren zum Umsonstfahrtag brav las, reagierten Einzelne von ihnen recht aggressiv auf die FlugblattverteilerInnen und beschimpften sie.
Am Morgen hatte eine Gruppe von Aktivisten an der Haltestelle Riensberg eine Straßenbahn der Linie Sechs aufgehalten auf ganzer Länge mit der Aufschrift „Klimaschutz selber machen – Holt euch den ÖPNV zurück“ beklebt. Zuvor hatten Fassadenkletterer das Gebäude des BSAG-Kundencenters an der Balgebrückstraße erklommen und ein knallrotes großes Transparent angebracht. Von echter BSAG-Reklame nicht nicht unterscheiden wies es auf die Möglichkeit hin, heute „ganz entspannt umsonst“ zu fahren.
„Vier bis acht Prozent der Leute fahren sowieso ohne Fahrschein – weil sie sich den nicht leisten können“, sagte Franzis Binder vom Klimaplenum. „Wir haben versucht, das aus der Ecke des heimlichen und peinlichen rauszuholen.“ Es sei darum gegangen, den „Klimaschutz mal runterzubrechen“. „Das ich für die Schule oder für die Benutzung einer Straße nichts zahlen muss, ist für alle Leute selbstverständlich. Das man aber auch Verkehr so organisieren könnte, dass man den einfach so nutzen kann, darauf kommen viele nicht“, sagte Binder. Viele Fahrgäste konnten „was mit unserer Aktion anfangen, die haben gesagt: ja, ich fahre auch öfter ohne Ticket weil ich kein Geld hab’, es ist schön, dass deswegen mal wer was macht“.
BSAG-Sprecher Jens Christian Meyer sagte, das Unternehmen habe „ja schon im Vorfeld klargemacht, dass wir da nicht mitziehen, trotzdem haben wir auf Deeskalation gesetzt“. Dennoch sei es zu Sachbeschädigungen gekommen: Unbekannte hätten die Schlitze der Ticketautomaten verklebt. „Dadurch konnten die anderen Fahrgäste nicht bezahlen, außerdem müssen die Automaten jetzt repariert werden“, sagte Meyer. Die BSAG habe deshalb Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet. Es habe keine verstärkten Kontrollen gegeben, die regulär für diesen Tag eingeteilten Fahrkartenprüfer hätten auch nicht mehr Schwarzfahrer erwischt als sonst auch. „Insgesamt ist das relativ ruhig geblieben“, so Meyer.