: Alte Glut und neuer Zunder
Gruß nach vorn: Das Kulturjahr 2005 ist angebrochen. Anstatt Vergangenem nachzuhängen, wirft die taz einen Blick auf die Hotspots des Jahres. Was erwartet uns? Was lohnt sich? Eine Übersicht
VON BORIS R. ROSENKRANZ
2005 wird ein Jahr der Umbrüche. Der Kulturbetrieb im Ruhrgebiet bekommt neue Protagonisten, aber weniger Geld. Es geht also voran. Die taz hat einige Hotspots des Jahres vorab inspiziert und nachgesehen, was die Revierbewohner erwartet.
Ruhrfestspiele
Jetzt ist Frank Hoffmann am Zug. Der gebürtige Luxemburger und Gründer des dortigen Nationaltheaters tritt in diesem Jahr bei den Ruhrfestspielen die Nachfolge von Frank Castorf an. Castorf war 2004 nach nur einer Spielzeit geschasst worden, weil die Zuschauerzahlen plötzlich in den Keller rasten. Mit Hoffmann soll nun wieder Ruhe einkehren. Und vielleicht auch etwas vom Staub, den das Festival vor Castorf angesetzt hatte. Gewehr bei Fuß versprach Hoffmann jedenfalls, er wolle die alte und stolze Tradition der Festspiele fortsetzen. Und dynamisch soll es auch werden, oha. Wie das genau aussieht, verkündet Hoffmann in zwei Wochen. Hoffentlich werden die Festspiele nicht so dröge wie ihre Homepage.
1. Mai bis 12. JuniRecklinghausen, Festspielhaus
ruhrfestspiele.de
Ruhrtriennale
Auch bei der Ruhrtriennale weht ein frischer Wind. Einerseits wird das Aushängefestival erstmals im Herbst ausgerichtet, um damit dem kulturell überfrachteten Frühjahr auszuweichen. Andererseits kommt Jürgen Flimm, der zuletzt die Salzburger Festspiele unter seinen Fittichen hatte. Flimm beerbt Gründungsintendant Gérard Mortier und will im Ruhrgebiet die Romantik und das Barock in den Fokus rücken, natürlich mit Bezug auf den gesellschaftlichen Wandel in der Region. Außerdem holt er Frank Castorf zurück ins Revier. Für das jüngste Theaterpublikum plant Flimm, der das komplette Programm im Frühjahr vorstellen will, eine „Kindertheater-Akademie“. Bewährte Reihen wie das Hör-Erlebnis „Century Of Song“ bleiben erhalten.
20. August bis 15. Oktober
verschiedene Spielstätten
ruhrtriennale.de
Femme Totale
Sich zum zehnjährigen Bestehen „Geld“ als Festivalthema auf die Filmrollen zu schreiben, ist geradezu sinnfällig: Mit den Finanzen mussten sich die Macherinnen von femme totale und ihre Kölner Kolleginnen von der feminale schon öfter herumschlagen. Die Festivals wechseln sich jährlich ab. Das Kultur-Ministerium fördert künftig aber nur noch eines der beiden Festivals, jenes nämlich, das gerade stattfindet. Wer pausiert, geht also leer aus. So sind die Gelder bei femme totale zumindest in diesem Jahr gesichert. Neben der filmischen Beschäftigung mit den Produktionsbedingungen für Frauen und der Frage, wo das Festival in Zukunft zu verorten ist, wird zum Jubiläum erstmals ein mit 25.000 Euro dotierter Internationaler Regisseurinnen-Preis verliehen.
12. bis 15. April
Dortmund, verschiedene Orte
femmetotale.de
Kulturhauptstadt
Bis März entscheidet sich, ob das Ruhrgebiet in die engere Auswahl der deutschen Bewerber um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2010 kommt. Eine Jury wird dem Bundesrat zwei bis vier Bewerber vorschlagen. Natürlich erst nach ihrer Visite am 20. Februar. Danach beugt sich der Bundesrat über die Bewerbungen und gibt bis Mitte des Jahres der EU-Kommission die endgültigen Kandidaten preis. Daraus wiederum kürt die EU den Gewinner. Während diesem hoch bürokratischen Procedere werden einige Projekte gestartet: Beispielsweise wird die A 40 illuminiert, wird Künstlern Brachland zum Austoben überlassen. „Die zweite Stadt“ heißt ein unterirdischer Trip durch Vergangenheit und Zukunft des Reviers, und oben, über Tage, kommt die Revier-Bevölkerung mit den Köpfen der Bewerbung in direkten Kontakt.
das ganze Jahrim ganzen Ruhrgebiet
kulturhauptstadt-europas.de
Extraschicht
Die wichtigen Orte des Ruhrgebiets werden in einer Nacht erfahrbar gemacht. Mit Shuttle-Bussen werden Menschenmassen kanalisiert, zu farbig angestrahlten Industrie-Kulturdenkmäler gekutscht. Zum fünften Mal findet die Nacht der Industriekultur statt. Doch Schauspieler, Gaukler und Artisten werden vielleicht frösteln müssen – in diesem Jahr ist bereits am 4. Juni Showtime. Und das Revier ist wohl doch größer, als die Touristiker in den vergangenen Jahren gedacht hatten. Das Spektakel weitet sich nach Osten aus. Mit der Lindenbrauerei in Unna und dem Maximilianpark in Hamm kommen weitere Plätze im östlichen Ruhrgebiet dazu.
4. Juni
jetzt überall im Ruhrgebiet?
extraschicht.de