Getriebene

„Nach all den Jahren“, sagt der Vater eines ermordeten Kindes, als er zum ersten Mal von den Möglichkeiten der DNA-Analyse hört, „nach all den Jahren, haben wir endlich eine realistische Chance.“ Zu diesem Zeitpunkt sind bereits sechs Jahre seit dem Mord an seiner Tochter vergangen, das Verfahren wurde eingestellt. Peter Grabowski (Matthias Habich) kann aber nicht loslassen. Doch bis die forensische Technik so ausgereift ist, dass der Täter gefasst werden kann, sollten weitere 14 Jahre vergehen. Dann steht er dem Mörder schließlich vor Gericht gegenüber. „Ein halbes Leben“ voller Wut, Rachegedanken und Trauer, die das gleichnamige Krimidrama ganz unaufgeregt und unsentimental erzählt.

Über den gleichen Zeitraum hinweg begleitet die Geschichte auch den Mörder und Vergewaltiger. Ulrich Lenz (Josef Hader), der immerzu bei dem Versuch scheitert sich ein neues Leben aufzubauen, weil er immerzu von der Schuld verfolgt wird. Dass beide Figuren trotz ihrer entgegengesetzten Geschichten und Schicksale gleich gebrochen und verletzt wirken, liegt vor allem an den großartigen Leistungen der Schauspieler: Habich und Hader spielen die Verbitterung vor dem Leben mit so einem anrührenden Ernst, dass die moralische Bewertung ihrer Figuren in den Hintergrund rückt. Die Schuld des Mörders wird mit dem sie begleitenden Schmerz gezeigt, ohne ihn entschuldigen wollen. Genauso wird die Obsession des Vaters gezeigt, ohne sie zu verurteilen. Der Regisseur Nikolaus Leytner verknüpft beide Schicksale dramaturgisch geschickt durch die Fortschritte in der Forensik. MNK

20.15 Uhr, ZDF, „Ein halbes Leben“