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Archiv-Artikel

SPD wird jetzt moralisch

Gabriel will die Lufthoheit bei Parlamentarier-Nebenjobs zurückerobern, CDU und FDP freuen sich gar nicht still

Von ksc

Wenigstens ist es eine prima Neiddebatte pünktlich zum Hartz IV-Start: Nicht genug, dass Abgeordnete mit ihren Diäten absahnen – und dafür laut Stammtischmeinung auch noch die Parlamente voll quasseln. Sie könnten außerdem noch Lobbyisten für Großkonzerne spielen – und dafür weiter abkassieren. Dieser Vorwurf steht zumindest bei zwei SPD-Landtagsabgeordneten im Raum, die zugaben, für ihre Tätigkeit bei VW nebenbei Dienstwagen und Monatssaläre bis zu 3.000 Euro zu kassieren.

Weil Volkswagen bis Ende des Monats eine Liste mit weiteren Politikern veröffentlichen will, die in Lohn und Brot des Konzerns stehen, wollte Fraktionschef Sigmar Gabriel gestern für die SPD wieder die Lufthoheit über das Thema zurückerobern. Er wolle „nicht länger hinnehmen, dass das, was für Abgeordnete rechtlich möglich ist, mit dem Moral-Empfinden der Bevölkerung gar nicht übereinstimmt“, sagte Gabriel. Die „öffentliche Aufmerksamkeit“ für Parlamentarier habe sich sich „verschärft“. Abgeordnete mit Zubrot sollten deshalb künftig zwischen Diät und einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 20 Prozent der Abgeordneten-Bezüge wählen können.

Gegen diese „nebenberuflichen Abgeordneten“ wandte sich umgehend die FDP. Ob sich ein „angeblich unabhängiger Abgeordneter noch dem Gemeinwohl verpflichtet“ fühle, auch „Alten und Kranken oder aber mehr dem geldgebenden Unternehmen?“, fragte umgehend Bernd Althusmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der Niedersachsen-CDU. Und forderte, Abgeordnete sollten auch über die Höhe ihrer Einkünfte Rechenschaft ablegen müssen.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Hermann Eppers war unlängst diesen Schritt gegangen: Als „vertrauensbildende Maßnahme“ erklärte Eppers der Braunschweiger Zeitung, er habe 2004 als Aufsichtsrat der Salzgitter AG und bei Alstom-LHB insgesamt 24.000 Euro kassiert. Als ehrenamtlicher Ratsherr und Bürgermeister in Salzgitter erhielt Eppers zudem 6.120 Euro „Entschädigung“, als Beirat der Braunschweigischen Landessparkasse/Nord-LB 2.100 Euro. Durch Diäten und Entschädigungen als Abgeordneter habe er monatlich weitere 6.530 Euro verdient. Alles zusammen läpperte sich auf 110.580 Euro. Auch kein schlechter Beitrag zur Neiddebatte. Aber immerhin, so Eppers, sei das „ alles kein Geheimnis und ich leiste auch etwas dafür.“ ksc