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Archiv-Artikel

Furcht und Zittern

Er schätzt die Truppen, aber nicht den Krieg: Entertainer Henry Rollins beim Machtclub im Schauspielhaus

Zum 39. Mal organisieren die Macher der Hamburger Literaturszene am kommenden Dienstag ihren „Machtclub“ im Schauspielhaus. Das Ungewöhnliche daran: Der Löwenanteil des Abends gehört diesmal dem US-amerikanischen Spoken Word Entertainer Henry Rollins. „Rollins wird drei Stunden reden,“ verspricht Machtclub-Organisator Sven Amtsberg. Der große Mann mit den vielen Tatoos wird das Programm seiner neuen DVD Shock and Awe vorstellen. Damit tourt der stimmgewaltige Provokateur durch Deutschland; Hamburg macht den Anfang.

„Shock and Awe“ bedeutet übersetzt ungefähr „schocken und Furcht einflößen“. Das war das Konzept der US-amerikanischen Truppen im Golfkrieg unter ihrem obersten Befehlshaber und Präsidenten George W. Bush. Den zieht Rollins jetzt durch den Kakao. „Is everything on sale for this guy?“, fragt er, „legislation seems to be“.

Aber auch der gegen Masturbation und Homosexualität wetternde Papst bekommt sein Fett weg, ebenso Hollywood, wo „intellect and culture is going to die“. Rollins kritisiert die Lese-Unlust der US-Amerikaner, erklärt den Frauen, warum sie der Hölle entkommen werden, „because your hell is here“ und spricht sich gegen den Irakkrieg aus. Trotzdem ist er 2004 in den Krisenregionen Irak und Afghanistan unterwegs gewesen, um die Soldaten zu unterhalten. „I am against the war, but I‘m not against the troops“, erklärt er.

Wie ein Gewehrfeuer klingt seine Stimme, als er den Kommandeur des US-Truppenstützpunktes im Anschluss imitiert, selbstironisch fährt er zusammen, als er seine Furcht vor Schusswechseln zeigt. Rollins, der mit seinem GI-Haarschnitt und seinen Muskelpaketen selbst einen prächtigen Soldaten abgäbe, entpuppt sich als scharfsinniger Pazifist, als Wortkünstler mit hoher Bühnenpräsenz.

Im Vorprogramm präsentiert das Team St. Gallen 02, Dani Göldin und Etrit Hasler, rappende Slam Poesie aus der Schweiz. Die sonst im Machtclub übliche Jägermeisterschaft, der Wettbewerb der dichtenden Zuschauer, fällt diesmal aus. Katrin Jäger

Di, 11.1., 21 Uhr, Schauspielhaus