: Taxifahrt ans Ende der Nacht
THEATER Premiere in der Überseestadt: Das „Triptychon der Gewalt“ der Münchner Gruppe Hunger & Seide will uns alle etwas angehen, ohne auf Komik zu verzichten
Seit dem Frühjahr ist im Bremer Westen im Vier-Wochen-Takt junges Theater zu sehen. Die Stauerei lädt Produktionen junger Theatermacher ein, ihre Arbeiten in der Stauerei zu produzieren. Im Mai zeigt die Münchner Formation „Hunger & Seide“ ihr Stück „Taxi - ein Triptychon der Gewalt“.
Dass sich Gewalterlebnisse über Generationen „abdrücken“, ist die These des Stücks, die Hunger & Seide mit künstlerischen Mitteln untersuchen, um die Frage nach Gewalt so zu stellen, „dass sie uns alle betrifft“. Das Setting ist minimalistisch und in der Tat einigermaßen universal: Im Innenraum eines Taxis treffen zwei Menschen aufeinander, deren Biografien oberflächlich betrachtet wenig mit einander zu tun haben scheinen. Bei genauerem Hinsehen geben sie erstaunliche Parallelen preis. Dabei sind es weniger eigene Gewalterfahrungen als die ihrer Großeltern, die im Leben ihrer Nachfahren Spuren hinterlassen haben: der Zweite Weltkrieg einerseits, die irakische Revolution von 1958 andererseits.
Die intime Situation einer nächtlichen Taxifahrt führt einen deutschen Taxifahrer und eine irakischstämmige Frau zusammen und in einen ungewöhnlichen Dialog, der die beiden schließlich zum Äußersten treibt. „Emotional intensiv und doch unaufgeregt wenden sie sich fast zärtlich der Bestie Mensch zu, inklusive der ultimativen Gewalt des Menschen gegen sich selbst“, schrieb die Münchner Abendzeitung nach der Premiere, und auch wenn das Thema schwer erscheint, befand eine andere Kritikerin, „Kunst über Traumata musste hier einmal nicht zur todtraurigen Veranstaltung werden“. Das Stück trug seinen Machern gar eine Nominierung fürs Berliner Theatertreffen ein. Für „Taxi“ haben Hunger & Seide erstmals mit den Münchner Filmemachern Bettina Timm und Alexander Riedel zusammengearbeitet, deren Projektionen die inneren und äußeren Landkarten der Protagonisten entfalten, die Musik von Thomas Meadowcraft verwebt die Erzählstränge miteinander. ASL
Mittwoch, Freitag und Samstag, jeweils 20 Uhr, Stauerei in der Überseestadt