WORT ZUM SONNTAG VON BENNO SCHIRRMEISTER
: Den Zeitpunkt verpasst

Verspätete Gerechtigkeit verlagert nur bestehende Verwerfungen

Jetzt öffnet der Kirchentag auch den Armen seine Tore – das ist eine Meldung, die spontan freut. Denn natürlich ist es schön, dass für jene, die sich den Zugang nicht leisten konnten, die Eintrittsgebühr zum Glaubenstreff entfällt – wenigstens ab sofort.

Theologisch aber hat Gerechtigkeit viel mit dem richtigen Zeitpunkt zu tun. Also bleiben doch Fragen: Etwa die, ob der erste Programmtag ein glücklicher Augenblick für diese Botschaft ist. Oder: Warum erst jetzt?

Das lässt sich leicht beantworten: Die Organisatoren haben jetzt den Überblick über ihre Einnahmen. Die Entscheidung folgt also kaufmännischer Überlegung – und verheißt großen Image-Gewinn zu kleinem Preis. Womit auch die Frage nach dem richtigen Augenblick entschieden wäre: Natürlich ist er’s nicht, wenn Gerechtigkeit das Ziel wäre. Theologisch nämlich gibt’s die nur am Ende der Zeit. Oder von Anbeginn. Sprich: Die Veranstalter hätten sich das – wenn sie denn Gerechtigkeit und nicht nur Promo wollten – schon zu Beginn überlegen müssen. Zumal doch am Austragungsort Bremen jeder fünfte in Armut lebt. Verspätete Gerechtigkeit aber ist keine: Sie verlagert nur bestehende Verwerfungen. „Wie müssen sich diejenigen fühlen, die das Eintrittsgeld zusammengespart haben?“, fragt daher, sehr treffend, Die Linke im Beirat Blumenthal. Weltlich gesprochen dürfte die Antwort lauten: Fies verscheißert. Amen.