Bei den World Games wird nicht gekleckert

Im Juli finden rund um Duisburg die Weltspiele der nichtolympischen Sportarten statt. Die Veranstalter bemühen sich schon im Vorfeld darum, den Event als das größte sportliche Ereignis des Jahres in Europa zu verkaufen

DUISBURG taz ■ Strahlend posierten die Pottpolitiker um die Wette. Die Stadtoberhäupter der vier Ausrichterstädte der World Games 2005 hatten Kostüm und Zweireiher schick gezupft für das Foto mit Drachenbootpaddel, Billardqueue, Squashschläger und einer Tänzerin als kokettem Blickfang. Dann bekamen sie eine Gabel in die Hand gedrückt, um mit diesem rätselhaft falschen Utensil das Anschneiden der grellbunten World-Games-Torte in Größe zweier Wasserskiboards zu symbolisieren.

Ein Megaevent steht bevor (14. bis 24. Juli). Nicht weniger als „das größte sportpolitische Ereignis des Jahres in Europa“ sieht Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland kommen. Mit den Spielen werde sich sein Duisburg, der Hauptaustragungsort, „im Sportkalender der Welt“ positionieren. Ähnlich klingt NRW-Sportminister Michael Vesper: Man wolle „der Welt beweisen, dass Deutschland derartige Sportgroßveranstaltungen reibungslos und mit großem Enthusiasmus organisieren und durchführen kann“. Das war ein Gruß von olympischem Zuschnitt nach Osten: „Bei der Bewerbung Leipzigs hat man sich nicht mit Ruhm bekleckert.“

3.500 AthletInnen aus gut hundert Ländern werden in 40 nichtolympischen Sportarten antreten – in 177 Disziplinen von Akrobatik, Fallschirmspringen oder Senkrechtsprint im Sportklettern über Kanupolo und Faustball bis Nine-Pin-Bowling (zu Deutsch: Kegeln). Die Vorfreude in den Nachbargemeinden ist ähnlich. Mülheims Bürgermeisterin sieht ihre Stadt für Squash und Feldbogenschießen in modernem Sportdeutsch „gut aufgestellt“ und will „einen sympathischen Bogen über die Ruhrregion hinaus spannen“. Oberhausens OB-Kollege sieht sich mit Tanzsport und den Indoor-Trials der Motorradartisten „auf Augenhöhe mit Olympia und den Paralympics“, und auch ganz Bottrop (Poolbillard, Snooker) ist längst „von Begeisterung erfasst“. Für Gerd Bildau, den Geschäftsführer der World Games 2005 GmbH, steht ohnehin „das weltgrößte Sportereignis 2005“ an.

Puuuh. Genau ein halbes Jahr vor Beginn der Wettkämpfe sind jede Zurückhaltung und das zwei Jahre währende Hickhack um die Kostenexplosion von 7,5 auf zwischenzeitlich 26 Millionen Euro, seltsam eilige Landesbürgschaften und personelle Querelen vergessen. Mit den World Games wird geklotzt. Die deutschen Sportredaktionen kennen das schon länger: Seit Monaten werden sie im Rahmen der „Vorfreude-Kampagne“ mit mannigfaltigen Pressemails und einem Count-down voll geschüttet.

Im Gespräch mit World-Games-Geschäftsführer Bildau, 58, ahnt man die Dimensionen und Probleme des „größten Sportereignisses, das das Ruhrgebiet jemals erlebt hat“. Einnahmeprognosen sind schwer, 500.000 Zuschauer Wunschziel. Sponsoren und Fernsehsender waren lange sehr zögerlich: „Da wartet einer auf den anderen.“ Die 26 Millionen Kosten, so Bildau, Chef der Duisburger Verwaltungsspitze zu SPD-Zeiten, konnten „nach und nach über Sachleistungen“ auf schlankere 15 reduziert werden. Das geht von 170 Mercedes-Autos und kostenlosen Reklameflächen „bis zur Torte, die wir gerade essen“. ARD und ZDF wollen im Wechsel mit der Tour de France berichten, der WDR ohnehin. „Zweite Liga des Sports“ hört die Internationale der Worldgamer übrigens nicht gern, lieber: „Olympias kleiner Bruder“.

Nicht ein Land entsendet die Aktiven, sondern immer der Einzelverband – „und da gibt es“, so Bildau, „manchmal gnadenlose Ausscheidungskämpfe“. Die Sportler werden statt in einem Extradorf in Hotels untergebracht, Teilnehmerbegrenzungen einzelner Nationen wie bei Olympia sind unbekannt. Und da gibt es weder Unvereinbarkeit noch Berührungsängste: So will der Athener Silbermedaillist Daniel Stephan beim Beachhandball mitmachen, und am heutigen Samstag will Kanu-Olympialegende Birgit Fischer als „World-Games-Botschafterin“ zu Werbezwecken in ein Drachenboot steigen. Zur Eröffnungsparty ins neue Wedaustadion kommt IOC-Chef Jacques Rogge ebenso wie Kanzler Schröder, Schirmherr der 7. Trendsport-Games.

Den protzigen Slogan „Deutschland kann’s. Duisburg zeigt’s!“ hat Bildau samt Mitarbeitern selbst erdacht, „gemeinsam mit Landes- und Bundesvertretern“. Erst habe er geschwankt, „ob das nicht ein bisschen hybrid“ klinge, also vermessen, aber mittlerweile finde er den Slogan „immer besser“. Und die Bundesregierung plane ja passenderweise zur Fußball-WM 2006 eine Imagekampagne „Deutschland. Da geht was“. Das, so Bildau, „passt doch gut zusammen“. BERND MÜLLENDER