: Wer arbeitet, braucht Rechte
betr.: „Arbeit verdient Respekt“ von Barbara Dribbusch, taz vom 11. 1. 05
Wer arbeitet, braucht Rechte. Und hier sind die, die eine Arbeitsgelegenheit ausüben, massiv diskriminiert: Sie haben nicht mal einen Arbeitsvertrag, sondern befinden sich in einem „Sozialrechtsverhältnis“, das ihnen keine üblichen ArbeitnehmerInnenrechte gibt. Sie bleiben weiter Alg-II-EmpfängerInnen und damit den zuständigen Behörden untergeordnet. Es ist eben nicht die Rückkehr der „alten ABM“ (die ja auch schon eine Abstiegskarriere hinter sich hat) zum günstigeren Preis. Die 1-Euro-Jobs sind nicht nur billig, sondern sie sind von einem normalen, vertraglich gestalteten abhängigen Arbeitsverhältnis deutlich unterschieden, sprich diskriminiert.
Das von Dribbusch so genannte „zweite Missverständnis“ ist wiederum eines der Autorin, das sie mit BefürworterInnen von Arbeitsgelegenheiten teilt. Sie macht, was inzwischen weit verbreitet ist, und vergleicht Alg II + Mehraufwandsentschädigung mit Arbeitslöhnen. Ein unzulässiger bzw. kritikabler Vergleich aus zwei Gründen. Erstens: Das Alg II sichert das staatlich zugestandene Existenzminimum im Falle einer Bedürftigkeit ab. Wird das mit einem Lohn verglichen, heißt das, dass für das Existenzminimum eine Gegenleistung in Form der Arbeitsgelegenheit erbracht werden muss. Das ist politisch oft geäußerter Wille (andernorts als „workfare“ bekannt) und wäre mit dem Hinweis zu kritisieren, dass sich der Zugang zum Existenzminimum nicht erst verdient werden muss, sondern ein bedingungsloses BürgerInnenrecht sein sollte. Zum anderen gehen beim Vergleich viele für den Alltag wichtige Details des „interessanten Großversuchs“ verloren: So haben 1-Euro-Jobbende zum Beispiel Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub – aber ohne Fortzahlung der Mehraufwandsentschädigung. Im Krankheitsfalle gilt das Gleiche. Reguläre ArbeitnehmerInnenhaushalte haben das zusätzlich.
Der Missbrauch von 1-Euro-Jobs zur Disziplinierung von Erwerbslosen ist vom Gesetz vorgesehen, und in jeder Diskussionsveranstaltung wird von politischen BefürworterInnen und BehördenvertreterInnen auf den „Grundsatz des Forderns“ (§ 2 SGB II) verwiesen. Die Umdefinition von Massenarbeitslosigkeit vom gesellschaftlichen Konflikt zum individuellen Verhaltensproblem ist charakteristisch für die „moderne“ Arbeitsmarktpolitik. Der Gebrauch von Arbeitsgelegenheiten zu verhaltenssteuernden Zwecken ist logische Folge.
WOLFGANG VÖLKER, Hamburg