piwik no script img

Archiv-Artikel

10 Jahre für Folter in Abu Ghraib

Erstes Urteil in Bagdader Folterprozess: US-Militärgericht verurteilt Unteroffizier Charles Graner zu zehn Jahren Haft und unehrenhafter Entlassung aus der Armee. Kein Bedauern beim Angeklagten

WASHINGTON dpa ■ Der Anführer der Misshandlungen im Bagdader Militärgefängnis Abu Ghraib, der US-Unteroffizier Charles Graner, ist zu einer Haftstrafe von zehn Jahren verurteilt worden. Dies entschied die Jury in dem Militärprozess in Fort Hood (Texas) am Samstag. Die Höchststrafe hätte 15 Jahren betragen. Graner war der Misshandlung und Verletzung von Gefangenen sowie der sexuellen Nötigung schuldig befunden worden. Zudem soll Graner unehrenhaft aus der Armee entlassen werden.

Graner sagte nach der Urteilsverkündung, er habe mit einer noch höheren Strafe gerechnet. Er bedaure nichts: „Es ist Krieg, und da geschehen üble Sachen.“ Der 36-Jährige aus Pennsylvania ist der erste von sieben US-Soldaten, dem wegen der Misshandlung irakischer Gefangener in Abu Ghraib der Prozess gemacht wurde. Vier der Soldaten hatten sich schon vor einem Prozess schuldig bekannt und Strafen von einer Degradierung bis zu acht Jahren Gefängnis erhalten.

Der 36-jährige Graner war am häufigsten auf den skandalösen Fotos zu sehen, die weltweit Abscheu erregten und auch nach dem Eingeständnis der US-Regierung dem Ansehen der USA erheblich schadeten. Graner betonte am Samstag, er habe nur auf Anweisung von Vorgesetzten gehandelt. Zunächst habe er sich sogar den Befehlen widersetzt. „Wir haben manches falsch gemacht, wir haben manches Kriminelle gemacht“, sagte Graner.

Die US-Soldaten im Gefängnis seien laut Graner angewiesen worden, die Vorschriften der Genfer Konvention zu missachten und die Gefangenen zu „terrorisieren“. Geheimdienstoffiziere gaben in dem Prozess zu, dass sie die US-Wachsoldaten aufgefordert hätten, irakische Gefangene vor Verhören „weich zu klopfen“ und „ihren Willen zu brechen“. Auf einem Foto war die US-Soldatin und damalige Geliebte Graners, Lynndie England, zu sehen, die einen nackten Iraker wie einen Hund an einer Leine hält. England, die im Oktober ein Kind Graners zur Welt brachte, ist ebenfalls angeklagt.

Der Militär-Staatsanwalt, Hauptmann Chris Graveline, hatte betont, dass es für die „sadistischen“ Vergehen Graners keine Rechtfertigung geben könne und auf die überragende Bedeutung des Urteils verwiesen, „für den Angeklagten, für die Armee, für unser Land und die ganze Welt“.

brennpunkt SEITE 5