: Wegen „Operation Ali Baba“ vor Gericht
Drei britischen Soldaten wird in einem Prozess in Osnabrück vorgeworfen, Iraker misshandelt zu haben, die in einem Militärlager bei Basra Lebensmittel stahlen. Die Sache flog auf, weil ein Vierter Fotos machte und sie zum Entwickeln gab
VON RALF SOTSCHECK
Seit vorgestern stehen drei britische Soldaten in Osnabrück vor einem britischen Militärgericht, weil sie irakische Gefangene misshandelt haben sollen. Die „Squaddies“, wie der Kosename für einfache britische Soldaten lautet, waren frustriert, sagt ihr Anwalt. Im Mai 2003 war der Irakkrieg offiziell zu Ende, doch nun brachen irakische Zivilisten auf der Suche nach Lebensmitteln immer wieder ins „Camp Bread Basket“ am Rande der irakischen Stadt Basra ein und bedienten sich aus dem Brotkorb.
Da rief Major Dan Taylor, der Kommandant des 1. Königlichen Regiments der Füsiliere, die „Operation Ali Baba“ aus: Die Soldaten wurden in Vierergruppen eingeteilt, um die Räuber auf dem unübersichtlichen Gelände festzunehmen. Die Gefangenen sollten „hart angefasst“, ihnen sollte eine Lehre erteilt werden, so lautete der Befehl. Daniel Kenyon, 33, Darren Larkin, 30, und Mark Cooley, 25, interpretierten den Befehl auf ihre Art: Sie hängten einen angebliche Plünderer in einem Netz an einen Gabelstapler, zwei andere Gefangene wurden gezwungen, Oral- und Analverkehr zu simulieren
Herausgekommen ist die Sache nur, weil der Vierte im Bunde, der damals 18-jährige Gary Bartlam, Fotos machte. Als er seine Bilder bei einem Heimaturlaub vor knapp zwei Jahren aus einem Fotogeschäft in Tamworth in der englischen Grafschaft Staffordshire abholen wollte, wurde er verhaftet. Die Angestellte im Fotoladen, die 22-jährige Kelly Tilford, alarmierte die Polizei, als sie die Bilder sah. „Ich bin auf unsere Soldaten genauso stolz wie alle anderen“, sagte sie, „aber es gibt Regeln. Ich möchte nicht, dass irgendeiner meiner Freunde so behandelt wird wie die Iraker auf den Fotos.“
Bartlam wurde vorige Woche vom Militärgericht in Celle, wo die Füsiliere stationiert sind, zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt und unehrenhaft aus der Armee entlassen. Richter Michael Hunter verhängte eine Nachrichtensperre, um die Laienrichter, sieben Offiziere, in dem Prozess gegen die anderen drei Soldaten nicht zu beeinflussen. Die Nachrichtensperre gilt nur für britische Medien. Die Prozesse wurden getrennt, weil Bartlam geständig war, während die anderen drei Angeklagten die meisten der neun Anklagepunkte bestreiten. Bartlam fungiert nun als eine Art Kronzeuge.
General Michael Jackson, Kommandant der britischen Armee, verurteilte gestern „jegliches Fehlverhalten britischer Soldaten im Irak“, schränkte jedoch ein, dass sich die Vorwürfe auf eine verschwindend kleine Zahl von Soldaten beziehen. Kate Allen von der Menschenrechtsorganisation amnesty international sagte dagegen: „Das irakische Volk muss wissen, dass britische Soldaten nicht über dem Gesetz stehen. Nach internationalem Recht muss eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe eingeleitet werden. Das derzeitige System, wonach die Armee mit Hilfe der Militärpolizei die Armee untersucht, ist einfach nicht ausreichend.“
Den drei Angeklagten drohen bei jedem Anklagepunkt Haftstrafen von zwei Jahren. Mit dem Urteil ist in etwa einem Monat zu rechnen.