: Wettstreit der Tsunami-Warnsysteme in Kobe
Bei der UN-Katastrophenschutzkonferenz werden Pläne für Frühwarnsysteme vorgestellt. Entschieden wird später
KOBE taz ■ Auf der UN-Katastrophenschutzkonferenz im japanischen Kobe gab es gestern die erste Sondersitzung zu Tsunami-Warnsystemen. Laut Patricio Bernal, Generalsekretär der Unesco-Ozeankommission (IOC), könne ein solches Warnsystem im Indischen Ozean innerhalb eines Jahres aufgebaut werden. Dies sei aber ein rein technischer Zeitplan. Es gebe derzeit diverse Angebote aus mehreren Ländern, die „vollkommen unkoordiniert“ seien. Zwar würden alle Länder auf Expertenebene zusammenarbeiten – auf politischer Ebene „kann es ein wenig schwieriger werden“.
Am Dienstag hatte Berlin für ein deutsches Frühwarnsystem geworben. Auch Japan, Australien, die USA, Frankreich und Indien priesen ihre eigenen Systeme. Zum deutschen Vorschlag meinte die IOC, dieses System basiere zum Großteil auf teurer Satellitentechnik. Es beinhalte aber „wertvolle Elemente“.
Genauso wichtig wie technische Installationen sind laut der Unesco-Ozeankommission aber auch die Aufklärung der gefährdeten Bevölkerung. Diese Schulungen würden mehrere Jahre beanspruchen. Auch müsse sichergestellt werden, dass die jeweiligen Staaten voll hinter einem Frühwarnsystem stünden. Daher müssten die betroffenen Länder trotz internationaler Kooperation die Souveränität über ihre nationalen Systeme behalten, fordert die IOC. Für die UN-Unterorganisation ist es zwingend, dass ein Alarmsystem auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene etabliert wird.
Die Direktorin des Tsunami-Informationszentrums in Hawaii, Laura Kong, unterstrich, dass die technischen Einrichtungen für ein Alarmsystem im Indischen Ozean teilweise schon vorhanden seien. Nur würden die Geräte bisher zur Beobachtung von Klimaveränderungen und nicht für ein Tsunami-Warnsystem gebraucht. Geologen und Seismologen mahnten, man dürfe sich nach der jüngsten Tragödie nicht auf den Indischen Ozean fixieren. Ein neues Seebeben sei dort in naher Zukunft unwahrscheinlich, gefährdet seien auch das Mittelmeer, die Karibik und der Atlantik. Dieses Jahr gedenkt Portugal der Opfer eines Tsunami vor 250 Jahren.
Die IOC beschloss, für März alle interessierten Staaten nach Paris einzuladen, um dort die verschiedenen Angebote und Bedürfnisse aufeinander abzustimmen. Im Juli sollen dann die Anrainerstaaten über konkrete Vorschläge entscheiden. Die technischen Komponenten für ein Frühwarnsystem im Indischen Ozean könnten dann Mitte 2006 eingerichtet sein. Bis das System voll funktionsfähig sei, könne es bis zu drei Jahren dauern. Laut IOC haben noch nicht alle Anrainerstaaten des Indischen Ozeans Institutionen, die rund um die Uhr Daten und Warnungen entgegennehmen können. Die Unesco hatte bereits mehrfach auf die Notwendigkeit eines Tsunami-Warnsystems hingewiesen, doch nur wenige Staaten am Indischen Ozean waren bisher daran interessiert.
Während die über 4.000 Experten aus 190 Ländern über Katastrophenvorsorge berieten, riefen Japans Behörden gestern Nachmittag einen Tsunami-Alarm für die Region südlich von Tokio aus. Vor den Izu-Inseln gab es ein schweres Erdbeben der Stärke 6,8 auf der Richterskala. Das Epizentrum lag im Pazifik, zehn Kilometer unter dem Meeresboden. Der Meeresspiegel erhöhte sich allerdings nur um 50 Zentimeter. MARCO KAUFFMANN