Pilze wachsen aus dem Sumpf

PSYCHEDELIC Das legendäre Swamp Room Happening in Hannover verschied vor zwei Jahren und hat jetzt endlich einen Nachfolger gefunden: das Mushroom Happening

Lange Haare, lange Gitarren-Soli, lange Nächte – das war es, was uns gefehlt hatte

von ANDREAS SCHNELL

Es war wie ein Phantomschmerz, Pfingsten 2008. Etwas fehlte. Eine Prise Bewusstseinserweiterung, ein Hauch von Entgrenzung und milden Irrsinns.

Pfingsten ließ bekanntlich nicht nur der Herr seinen Geist in die Köpfe der Getreuen sickern. Pfingsten war auch bis vor zwei Jahren der Termin, an dem sich Rocker, Dopeheads, Garagen-Fetischisten und andere fortgeschrittene Psychedeliker in Hannover trafen. Zum Swamp Room Happening, benannt nach dem Label Swamp Room Records, natürlich auf das angedeutete musikalische Spektrum spezialisiert und in grauer Vorzeit von Jürgen Gleue gegründet, der auch das besagte Festival organisierte. Wie viele Ausgaben es davon gab, weiß niemand mehr, aber es waren einige, wie sich Willem Kucharzyk entsinnen konnte, der die Fackel weitertrug: „Jürgen Gleue hat welche veranstaltet, ein paar in Bremen, ein paar in Hannover, eins in Berlin, und dann habe ich damit weitergemacht. Eins war sogar in Kopenhagen.“

Später wurde das Happening in Hannover sesshaft. Und dann war es auf einmal nicht mehr da. Das war es also, was gefehlt hatte: zwei Tage lange Haare, lange Gitarren-Soli, lange Nächte. Zum Glück ist das in diesem Jahr anders: Das Mushroom Happening macht sich auf, die Nachfolge anzutreten. Etwas kleiner (noch), mit leicht veränderter Stoßrichtung, aber im Grunde wieder für alle Fans psychedelisch inspirierter Musik. Den Abend eröffnet ein echtes Swamp-Room-Urgestein: Die „Mandra Gora Lightshow Society“ gehörte zum Swamp-Room-Inventar. Mit runderneuerter Besetzung hat sich auch der musikalische Fokus verschoben, aber Ohrenzeugen zufolge ist immer noch der alte Spirit am Werk.

Das übrige Programm speist sich überwiegend aus eher deftigem Stoner Rock, gewürzt mit einer Prise Post Rock, gekrönt von einem Auftritt der österreichischen Sonderlinge „Bulbul“, die keiner Schule so recht zuzuordnen sind. Am ehesten ließe sich ihre Musik mit der Arbeit von Rock-Visionären wie den „Melvins“, „Captain Beefheart & The Magic Band“, „Jesus Lizard“ oder „Shellac“ vergleichen. Allerdings gestehen sie selbst gleichermaßen Neigungen zu Easy Listening, Freiform-Krach und Country ein.

Sonntag, 20 Uhr, Kulturzentrum Faust, Hannover