Wenn der Höker mit dem Krämer

Wenn der FC Bayern jetzt viel Geld ausgibt, dann folgt er nur der aktuellen Marktlogik

Wirtschaftskrise? War da was? Die Bundesliga scheint losgelöst vom Geschehen, das die globale Ökonomie bestimmt. Es wird transferiert und gewechselt, verhökert und gefeilscht, dass einem ganz schwummrig wird. Gibt man die Suchbegriffe „Transfer“ und „Wechsel“ in die Suchmaske des Nachrichten-Tickers ein, dann erscheinen 1.612 Treffer fürs Jahr 2009 – fast so viele wie für das Wörtchen „Niederlage“ (1669). Mit einer Rekordsumme wird ein Spieler von Stuttgart nach München geholt. Die Spielerberater, meist juristisch geschulte Menschenhändler, kommen aus dem Feilschen gar nicht mehr heraus, die Speicherkapazität ihrer I-Phones erschöpft sich ob der nicht abreißenden Transfermeldungen.

Fast scheint’s, dass es nie hitziger auf dem deutschen Fußballmarkt zugegangen ist als jetzt, dabei wird nur das Übliche gemacht: geschachert und geboten, gedealt und verhandelt, bis die nächste Saison kommt. Der Boulevard feiert die Geschäftigkeit der Ballbranche, titelt groß auf Seite eins: „Die Bundesliga bebt“ – und suggeriert damit, dass es nicht so schlimm um das von der Krise erschütterte Land steht. Jeder Transfer ist ein Versprechen auf eine bessere, unterhaltsamere Zukunft. Es mag Massenentlassungen geben, Insolvenzen, eine Rekordverschuldung des Staates, doch in einem Bereich der deutschen Wirtschaft, dem Fußball, scheint es zu laufen wie geschmiert. Der Vorstandschef von Schalke 04, Josef Schnusenberg, hat verkündet: „Die Liga hat nun die große Chance, international wieder ranzukommen.“

Auch Uli Hoeneß hat gesagt, dass er seinen Verein, den FC Bayern, als Krisengewinnler im europäischen Vergleich sieht. Also gibt er mal eben 30 Millionen Euro für Gomez aus. Es ist die Zeit der großen Summen. Wo sonst mit Milliarden hantiert wird, sind diese 30 Millionen Peanuts. Die Wirtschaftskrise hat uns gelehrt: Geld ist da, es muss nur gedruckt und billig auf den Markt geworfen werden. Irgendwann wird das viele Geld schon für unser aller Rettung sorgen. Wenn die Liga und allen voran der FC Bayern jetzt viel Geld ausgeben, dann folgen sie nur der aktuellen Marktlogik. Und das Schöne dabei: Der deutsche Branchenprimus muss sich wohl nicht einmal verschulden, wenn er den anderen wieder einmal die tollen Kicker wegmopst. Spricht das nicht für eine durch und durch gesunde Liga? Sicher, ihr geht es ein bisschen besser als den Ligen in Spanien, Italien oder England, was den Grad der Verschuldung angeht, aber man sollte vorsichtig sein, den Fußball als eine Metapher des Aufschwungs zu gebrauchen. Nicht selten lebt er von Subventionen, sprich öffentlichem Geld – wenn die Stadt wieder einmal so nett war, das Stadion dem Verein überteuert abzukaufen.

Wie dem auch sei, die Botschaft, die der Fußball(markt) gebeutelten Fans derzeit mitzuteilen hat, ist diese: Sorgt euch nicht, kauft Dauerkarten, geht es uns gut, wird es auch euch wieder gut gehen. Bald schon. Solange transferiert wird wie wild, geht die Welt nicht unter.

MARKUS VÖLKER