: Volksvertretung zur üblichen Geschäftszeit
Neue Vorwürfe wegen LBK-Verkaufs: Senat weicht Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage aus und lässt Akteneinsicht der Opposition behindern. SPD fordert Klärung durch Bürgerschaftspräsidium. Morgen Showdown im Rathaus erwartet
Von Sven-Michael Veit
Martin Schäfer staunte nicht schlecht. Nach einem achtstündigen Arbeitstag hatte der stellvertretende SPD-Fraktionschef gegen 16 Uhr begonnen, sich in der Bürgerschaftskanzlei in die Akten über den Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) zu vertiefen. Gegen 17.30 Uhr sei ihm von Mitarbeitern bedeutet worden, berichtet er, „nun sei langsam Feierabend“. Er sei, antwortete Schäfer, „aber nunmal Feierabendparlamentarier“.
Anlass genug für SPD-Fraktionschef Michael Neumann, gestern offiziell Bürgerschaftspräsident Berndt Röder (CDU) einzuschalten. „Der Zugang zu den Akten“, schreibt Neumann an den Präsidenten, könne wohl kaum „auf für Behörden übliche Geschäftszeiten begrenzt“ werden, da Hamburgs Volksvertreter exakt dann „ihre Arbeit in der Regel erst aufnehmen“ könnten.
Verantwortlich dafür ist nach Ansicht der beiden Sozialdemokraten allerdings der Senat. Dieser knüpfte die Einsichtnahme in die etwa 250 Akten über den LBK-Verkauf an die Bedingung, dass die mit der Kontrolle des Senats beauftragten Parlamentarier „beaufsichtigt“ würden, um „Vertraulichkeit zu gewährleisten“.
Die Akteneinsicht hatten Haushalts- und Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft auf einer gemeinsamen Sitzung am 6. Januar beschlossen. Damals hatte Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) mehrfach erklärt, er habe „nichts zu verbergen“ und stehe „für vollständige Transparenz“. Aussagen, die Neumann und Schäfer inzwischen nachdrücklich in Zweifel ziehen. Denn auf eine parlamentarische Anfrage Neumanns zur konkreten Rolle Peiners beim Verkauf des LBK an den Klinikkonzern Asklepios erhielt er am Freitag die Antwort, er möge doch bitte selbst „in die der Bürgerschaft übermittelten Originalakten“ schauen – ein Eigentor.
Denn Peiner und die CDU-Abgeordneten hatten darauf beharrt, dass die Aktenvorlage nicht für das gesamte Parlament gelte, sondern nur für Mitglieder der beiden Ausschüsse – zu denen aber der Fraktionschef gar nicht gehört. „Brutalstmögliche Vernebelung“ sei das, erregt sich deshalb Neumann. In seinem Brief an Präsident Röder fordert er deshalb auch in diesem Punkt eine Klärung. Nach der Hamburger Verfassung würde, schreibt Neumann, „ein Aktenvorlageverfahren den Senat keinesfalls von seiner Pflicht zur Beantwortung von Anfragen entbinden.“
Schäfer jedenfalls will diese „Blockadepolitik“ nicht hinnehmen. Der Senator selbst ist zurzeit ungewöhnlich schweigsam. Öffentlich werde er sich nicht äußern, erklärt er knapp, sondern nur vor den „dafür vorgesehenen parlamentarischen Gremien“. Die nächste Ausschusssitzung ist morgen Nachmittag. Dann, kündigt Schäfer an, „wird Peiner Farbe bekennen müssen“.