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Archiv-Artikel

„Steinbrück schont die Aktionäre der Banken“

FINANZKRISE Der Staat kann die Steuerzahler vor den Risiken der Bad Bank schützen, sagt der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick. Das Finanzministerium ist zu eng mit der Finanzbranche verflochten

Gerhard Schick

■ geboren 1972, ist finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag. Der Diplom-Volkswirt sitzt auch im Parteirat der Grünen.

taz: Herr Schick, Sie sagen, dass SPD-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück vor den Managern einknickt, etwa mit seinem Bad-Bank-Modell, das gestern im Bundestag debattiert wurde. Wieso?

Gerhard Schick: Das Ministerium ist sehr eng mit der Finanzbranche verflochten. So entscheidet Steinbrück derzeit nach der Devise: Meine Freunde in den Banken wissen schon, was gut ist für unser Land.

Haben Sie dafür Belege?

In Deutschland sagt die Regierung: Hier, liebe Banken, nehmt Geld, Garantien, Bürgschaften. Und dann dürfen die Institute machen, was sie wollen. Die Schweiz hat ihrer Großbank UBS faule Wertpapiere in Millionenhöhe abgenommen und als Gegenleistungen gefordert, dass sich das Institut nach Vorgaben der Bankenaufsicht saniert.

In Deutschland sollen die Banken ihre Schrottpapiere in eine Bad Bank auslagern, um ihre Bilanzen zu verbessern. Was ist daran falsch?

Banken sollen die Wirtschaft wieder mit Krediten versorgen und sich nicht mehr nur mit der Sanierung ihrer Bilanzen beschäftigen. Das werden sie aber nicht freiwillig tun. Deshalb brauchen wir einen Strategiewechsel bei der Bankenrettung.

Die Bad Bank soll Pflicht werden?

Die Regierung muss den Banken einen Stresstest vorschreiben, bei der die Aufsicht die Bankendaten genau prüft. Das Ausmaß der Krise darf nicht länger verschleiert werden. Die Banken, die eine bestimmte Eigenkapitalquote nicht erreichen, müssen genehmigte Sanierungspläne zum Beispiel mit einer Bad Bank erfüllen.

Warum sollten die Banken nicht von alleine kommen?

Jeder weiß, dass die Commerzbank, die bereits 18,2 Milliarden Euro Staatshilfe bekommen hat, auch die Bad Bank braucht. Ihr Chef Martin Blessing hat trotzdem abgewunken. Ein Vorstand wird lieber die Kreditvergabe einschränken, als seinen Aktionären die Lasten von Steinbrücks Bad-Bank-Modell aufzubürden. Für die ist das nicht attraktiv.

Steinbrück hätte besser die Steuerzahler verpflichten sollen?Genau das tut er doch. Neue Bankgewinne gehen zunächst an die Aktionäre, erst dann werden die Verluste der Bad Bank abgetragen. Das wird aber nicht reichen. Dann ist auch der Steuerzahler dran. Dabei muss grundsätzlich gelten: Diejenigen, die am Desaster beteiligt waren, müssen es auch bewältigen.

Ihr Vorschlag?

Steinbrück müsste neben den Altaktionären auch alte Fremdkapitalgeber in die Pflicht nehmen. Das sind alle, die Bankanleihen haben. Diese sollten sie umtauschen – in Bankanteile. Das nennt sich Debt-for-Equity-Swap und wird bei angeschlagenen Firmen häufig gemacht. Die Gläubiger werden zu Aktionären, das stabilisiert das Eigenkapital der Bank und entlastet die Steuerzahler.

Beispiel Commerzbank: Wen träfe das?

Die Allianz ist mit 14 Prozent an der Commerzbank beteiligt. Und die Deutsche Bank hat Anleihen. Steinbrück hat sie geschont.

Vielleicht fürchtet er, dass nicht zu übersehen ist, wer alles Fremdkapitalgeber ist und so mit belastet würde?

Nein, das Gegenteil ist der Fall. Steinbrück weiß genau, wer wie an den Banken beteiligt ist und wen er schützt. Das muss er auch für die Allgemeinheit offenlegen. INTERVIEW: HANNA GERSMANN