Al-Qaida-Zelle ausgehoben

Bundesanwaltschaft nimmt bei Razzia in Mainz und Bonn zwei mutmaßliche Al-Qaida-Mitglieder fest. Vorwurf: Rekrutierung von Selbstmordattentätern, Versicherungsbetrug und Uranschmuggel

KARLSRUHE taz ■ Einen spektakulären Plan von al-Qaida hat die Polizei in Mainz durchkreuzt. Bei einer Razzia in Bonn und Mainz nahm sie gestern einen 29-jährigen Iraker und einen 31-jährigen staatenlosen Palästinenser fest. Dies berichtete Generalbundesanwalt Kay Nehm auf einer überraschend einberufenen Pressekonferenz am Sonntag in Karlsruhe. Die beiden in Mainz Festgenommen wurden seit längerer Zeit vom Staatsschutz überwacht.

Nehm wirft dem Iraker Ibrahim Mohammed K. vor, Mitglied in der „ausländischen terroristischen Vereinigung“ al-Qaida zu sein und Kontakte zu Ussama Bin Laden gehabt zu haben. Der Palästinenser Yasser Abu S. habe einen Selbstmordanschlag im Irak durchführen sollen. Zuvor habe er mit einem Versicherungsbetrug mehr als 800.000 Euro für den Dschihad beschaffen wollen. Insgesamt waren an der Razzia gestern 65 Polizeibeamte beteiligt. Die beiden Männer werden heute dem Haftrichter vorgeführt.

Der Iraker Ibrahim Mohammed K. kam 1997 als Asylbewerber nach Deutschland. Sein Asylantrag wurde zwar abgelehnt, doch wurde K. wegen der Sicherheitslage im Irak nicht abgeschoben. Nach Angaben von Nehm hielt sich K. mehrfach in Al-Qaida-Ausbildungslagern in Afghanistan auf. Nach den Anschlägen vom September 2001 kämpfte er über ein Jahr lang in Afghanistan gegen die US-Militärinvasion. Eigentlich hatte auch er sich zu Selbstmordattentaten bereit erklärt, doch die Al-Qaida-Führung überzeugte ihn, so Kay Nehm, dass er mit seinen deutschen Reisepapieren als Anwerber in Europa wichtiger sei. Auf diese Weise rekrutierte er den Palästinenser S. Der Iraker war arbeitslos und nur gelegentlich in einem Gartenbaubetrieb tätig.

Der staatenlose Palästinenser S. lebt seit 1996 in Deutschland, studierte Medizin in Bonn und hatte erst jüngst eine deutsche Staatsangehörige geheiratet. Schon in den nächsten Tagen sollte er zu einer Urlaubsreise nach Ägypten aufbrechen, wo er durch einen vorgetäuschten Verkehrsunfall seinen Tod fingieren sollte. Damit hätte er aus fünf Lebensversicherungsverträgen insgesamt rund 830.000 Euro erlöst. Der überwiegende Teil des Geldes sollte an al-Qaida gehen, der andere Teil die Familie von S. absichern. Anschließend wollte sich S. im Irak zu einem Selbstmordattentat bereithalten. Weitere Details wurden nicht bekannt.

K. wird außerdem vorgeworfen, sich 48 Gramm hochangereichertes Uran beschafft zu haben. Was damit passieren sollte, ist bisher unklar. Es soll derzeit bei einer „Gruppe in Luxemburg“ lagern, über die Nehm nicht mehr bekannt geben wollte. Unmittelbare Gefahr habe jedenfalls nicht bestanden. Es seien auch keine Pläne für Anschläge in Deutschland bekannt geworden. Dass Dschihadisten in großem Stil Versicherungsbetrug betreiben, um Geldmittel zu beschaffen, war der Bundesanwaltschaft bisher nicht bekannt.

CHRISTIAN RATH

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