berlin-brandenburg
: Überzeugen statt übervorteilen

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) ist für seine starken Sprüche bekannt. Erst befand er, dass Berliner schlecht gekleidet seien, jetzt bezeichnet er Brandenburg – jenes schöne Bundesland mit seinen Seen und Feldern, Wäldern und Windrädern – als einen an Berlin angeschlossenen Landschaftspark. Ein gemeinsames Land bestehe „aus Berlin mit angeschlossener Landschaftspflege“, so Sarrazin. Verständlich, dass die Brandenburger nun aufschreien. Wer lässt sich schon gern öffentlich runtermachen?

Kommentarvon RICHARD ROTHER

In der Sache – nicht im Ton – trifft Sarrazin aber einen richtigen Punkt, die Brandenburger Landespolitik selbst bestätigt es. Ihre Abkehr vom Konzept der dezentralen Konzentration – der Förderung berlinferner Regionen als selbstständige Zentren – heißt nichts anderes: der Kern der Region ist der Großraum Berlin, hier ist die Wirtschaft. Zwar sind auch in Schwedt, Eisenhüttenstadt und in der Lausitz wichtige Industriestandorte, aber in weiten Teilen des Landes wird Geld nur noch mit etwas Tourismus und (Öko)-Landwirtschaft verdient. Deshalb wandern viele Menschen ab. Schöne Natur allein macht die meisten nicht glücklich.

Berlin und Brandenburg haben ein Interesse, zusammenzugehen. Von den Vorteilen eines gemeinsamen Landes müssen aber noch die Brandenburger in den berlinfernen Regionen überzeugt werden – die Pendler aus dem Speckgürtel sehen ohnehin tagtäglich, wie absurd die Trennung ist.

Dass man wie Sarrazin mit markigen Sprüchen, die den Partner vor den Kopf stoßen, kaum überzeugen kann, liegt auf der Hand. Aber auch Brandenburger Politiker haben im Wahlkampf versucht, mit antiberlinischen Ressentiments zu punkten. Für beide Seiten gilt nun: überzeugen statt übervorteilen!