CIA, Lügen und Fotodisketten

Auf reichlich dubiose Weise „verlor“ Regierungssprecher Béla Anda auf einer Reise Pressefotos vom Kanzler. Der Fotograf verklagte ihn darauf auf Amtsmissbrauch. Doch das Berliner Landgericht hat Anda jetzt freigesprochen

Regierungssprecher Béla Anda hat wohl zu viele schlechte Agentenfilme gesehen. Der Frau des Fotografen Klemens Beitlich soll er das Verschwinden einer Fotodiskette vor zwei Jahren so erklärt haben: Im New Yorker Hotel Waldorf-Astoria habe er einem alten Mann seine Aktentasche samt Diskette anvertraut. Dieser alte Mann – der ihm gleich verdächtig vorkam – habe sie ihm dann gestohlen. Auch könne er sich vorstellen, dass die CIA dahinterstecke.

Das Landgericht Berlin hat gestern die Klage des Fotografen Beitlich auf 10.000 Euro Schadenersatz für den Verlust der Diskette abgewiesen. Beitlich hatte den Regierungssprecher wegen „Amtsmissbrauchs“ verklagt. Der Fotograf hatte 2002 dem damals noch stellvertretenden Regierungssprecher eine Diskette mit rund 160 Fotos von der USA-Reise des Bundeskanzlers gegeben, damit der sie in Deutschland an die Redaktion der Illustrierten Bunte weiterleite. Fest steht, dass die Diskette dort nie angekommen ist. Wie sie verloren gegangen ist, konnte auch mit diesem Urteil nicht geklärt werden.

Sicher ist immerhin, dass Anda die Diskette von Beitlich angenommen hatte. Anfangs behauptete Anda noch, er habe die Diskette nie erhalten: Er stehe nicht für „Botendienste“ zur Verfügung, so Anda zu einem Redakteur der Bunten. Eine glatte Lüge – „doch Lügen ist nicht strafbar“, sagte Verteidiger Peter Raue dazu.

Lügen und windige Geschichte interessierten den Richter des Landgerichts indes nicht. Die Frage, die ihn bewegte, war, ob Anda in seiner Funktion als Regierungssprecher oder als Privatperson die Diskette im Kanzlerjet nach Deutschland transportierte. Beitlichs Anwalt sieht den Transport als „eindeutiges Aufgabenfeld“ des Regierungssprechers. Verteidiger Raue meinte dagegen: „Es gibt keine Verordnungen und keine Richtlinien über den Transport von Fotodisketten. Das war ein Freundschaftsdienst.“

„Die Pressefreiheit soll ausgehebelt werden“, ist Beitlichs Fazit. Er werde noch bis vor den Bundesgerichtshof gehen. Der Fotograf glaubt, dass Anda die Diskette absichtlich verschwinden ließ. Denn bei dem Treffen von Bundeskanzler Schröder und US-Präsident Bush hatte sich der Fotograf nicht an die Vorgabe des Sprechers gehalten, die beiden Politiker nur von vorn abzulichten. SASCHA TEGTMEIER