: Bratwurstfreunde vor dem Kadi
RECHT Wer gern im Freien brutzelt, gerät leicht in Konflikt mit seinen Mitmenschen. Die Gerichte beurteilen das uneinheitlich
Wenn im Sommer die Grillfreunde Hochsaison haben, kann es schon mal Ärger mit dem Nachbarn geben. „Grillen ist ein häufiges Thema vor Gericht“, sagt Sylvia Sonnemann vom Hamburger Verein Mieter helfen Mieter. Doch wer eine eindeutige Rechtslage erwartet, muss enttäuscht werden.
Quer durch die Republik wird unterschiedlich geurteilt, wenn sich Hausbewohner wegen Qualm und Gestank vor Gericht treffen. Das Amtsgericht Bonn ließ in einem Urteil nur einen Grillabend monatlich zu – mit 48-stündiger Voranmeldung. In Bayern wurde fünfmal Grillen im Jahr erlaubt – wenn der Grill am Ende des Gartens steht. Diese Urteile aus den 1990er Jahren bieten allenfalls Orientierungen. In Hamburg stellte zuletzt ein Gericht 1973 fest, dass Grillen mit Holzkohle auf dem Balkon keine „vertragsmäßige Nutzung der Wohnung“ darstelle.
„Über allen Urteilen schwebt jedoch das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme“, sagt Sonnemann. Sie rät deshalb: „Erstmal mit dem Nachbarn sprechen.“ Wie im Hamburger Urteil, hielten die meisten Gerichte ein Verbot von Holzkohle-Grillen auf dem Balkon durch den Vermieter für zulässig, sagt Sonnemann. Wer auf Nummer sicher gehen will, brutzelt im Garten. Kommt es dort zum Streit, urteilen die Gerichte großzügiger. Mit einem Elektrogrill kann den Nachbarn ein Schnippchen geschlagen werden. Der darf durch den Vermieter nicht verboten werden.
Wer zum Grillen lieber in den Park geht, kann sich ebenfalls nicht auf eine einheitliche Rechtssprechung verlassen. In Hamburg gebieten die Bezirksämter über die öffentlichen Grünflächen. Am Elbufer etwa ist das Grillen verboten, wird aber von der zuständigen Hamburg Port Authority (HPA) geduldet. Auch hier lautet das oberste Gebot Rücksichtnahme: „Die Griller sollten verantwortungsbewusst sein und keine Asche liegen lassen“, sagt Hilke Heitmann von der HPA. Vor zwei Jahren gab es einen schweren Unfall: Ein Kind verbrannte sich an glühender Kohle, die im Sand verscharrt war. Seitdem stehen am Elbstrand große Mülleimer aus Beton für die Kohlereste.
Auch im Stadtpark steht der Grillparty wenig im Weg. Zählt eine Gruppe mehr als 30 Leute, muss die Party angemeldet werden. Generell gilt: Mutiert das Grillfeuer zum Lagerfeuer, kann es Ärger geben. Offene Feuer auf öffentlichen Flächen sind verboten. Auch im Wald ist das Grillen nicht erlaubt, weil hier gerade im Sommer erhöhte Brandgefahr herrscht. MICHAEL DREISIGACKER