Wer geht mit in die Luft?

Fliegen in Zeiten des Wahlkampfs: In Kiel wehren sich die Bürger gegen den geplanten Ausbau ihres Flughafens

Wie viel Flughafen braucht die Landeshauptstadt? Wenig, meinen offenbar die Kieler selbst: Bei der jüngsten Einwohnerversammlung stimmte eine große Mehrheit gegen den Ausbau des Platzes Kiel-Holtenau. Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz (CDU) kündigte an, noch vor der Landtagswahl am 20. Februar der Ratsversammlung einen Vorschlag vorzulegen. Das Ergebnis der Bürgerbefragung sei „nicht bindend, wird aber in den Meinungsbildungsprozess eingehen“, hieß es aus dem schwarz-grün regierten Rathaus. Vor einigen Jahren hatte Volquartz den Ausbau klar befürwortet und noch im Herbst bestätigt, die Region brauche einen “leistungsfähigen Flughafen“.

Selbst wenn die Stadt Kiel etwas vorlegt – der Landtag tut sich weiterhin schwer mit der Frage, die zu einem Dauerbrenner geworden ist. Mehrere Gutachten liegen vor, und die sagen: Werden die heutigen Pisten nicht auf mindestens 1.800 Meter plus 300 Meter Ausrollfläche verlängert, droht dem Flughafen das Aus. Wird dagegen ausgebaut, könnten sich die Passagierzahlen steigern und den Platz damit rentabel machen – eine Aussage, die Bürgerinitiativen gegen den Ausbau bezweifeln.

Die Frage gehört zu den strittigen Themen innerhalb der rot-grünen Regierung: Der kleinere Koalitionspartner ist dagegen, die SPD dafür. Und die CDU will ohnehin in die Luft gehen: Kiel und Lübeck sollen gestärkt werden, am besten unter privater Führung, Kaltenkirchen könnte ein internationales Drehkreuz werden, und auch kleine Militärflugplätze dürften nicht vergessen werden.

Umgeschwenkt ist allerdings die FDP, früher eine Verfechterin des Holtenau-Ausbaus: Die geplante Bahnlänge von 1.800 Metern reiche ohnehin nicht für größere Maschinen, etwa vom Typ Airbus, so FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki. Außerdem fehle ein klares Konzept. Letzteres übrigens vermissen alle Parteien bei den Aussagen ihrer Konkurrenten, aber dafür ist schließlich Wahlkampf.

Kosten soll der Ausbau 48,1 Millionen Euro, und die Frage lautet, ob Holtenau gegen die Konkurrenz in Lübeck und Hamburg bestehen kann, den Standorten, von denen viele „Billigflieger“ in den Süden düsen.

Möglicherweise kommt auch ein Zug zum Zuge: der „Schienenflieger“, eine schnelle Bahnverbindung nach Hamburg-Fuhlsbüttel. Einen entsprechenden Antrag machte die FDP bei der Landtagssitzung im Dezember – sehr zur spöttischen Freude der Grünen, die das schon lange fordern. Auch SSW, SPD und CDU sind für die Strecke durch den Speckgürtel, die täglich bis zu 60.000 Menschen benutzen könnten. Esther Geißlinger